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Das Schulleben in Deutschland aus der Sicht eines ukrainischen Flüchtlings

Von Mykhailo Stadnyk, Klasse 8d, Otto-Hahn-Gymnasium

An meiner Schule, dem Otto-Hahn-Gymnasium in Monheim am Rhein, gibt es seit mehr als zwei Jahren eine Integrationsklasse. Zurzeit lernen hier Kinder aus neun verschiedenen Ländern. Die meisten Schüler:innen, auch ich, kommen aus der Ukraine. Für viele war der plötzliche Umzug nach Deutschland eine große Herausforderung. Die meisten ukrainischen Schüler:innen konnten kein Deutsch und die Integrationsklasse war eine gute Möglichkeit, die Sprache zu lernen.

Das Haupthindernis für die Integration in das deutsche Bildungssystem sind jedoch nicht nur die mangelnden Sprachkenntnisse, sondern auch die Lehrmethoden und die Besonderheiten des deutschen Bildungssystems. Während die Schüler:innen am Otto Hahn-Gymnasium mit iPads lernen, Präsentationen erstellen und Übungen in digitaler Form machen, verwenden wir in der Ukraine für jedes Fach Papierbücher und Hefte. Auch viele schriftliche Übungen, Hausaufgaben und Tests stehen in der Ukraine auf der Tagesordnung. Stattdessen gibt es am Otto-Hahn-Gymnasium viel kreative Arbeit und eine starke Vereinfachung des Lernstoffs zu Beginn des Themas. Statt nur Formeln in Physik und Mathematik auswendig zu lernen, versuchen die Lehrer:innen hier, Parallelen zum Alltag zu ziehen, damit man sich alles besser einprägen kann.

Im Laufe der Zeit mussten neue Lerngruppen gebildet werden, weil immer mehr Schüler:innen ankamen, die über unterschiedliche Deutschniveaus verfügten. Manchmal ist es schade, dass die Deutschlehrer:innen nicht auch Ukrainisch oder andere Sprachen verstehen und sprechen. Nach einer gewissen Zeit nehmen die Schüler:innen in einigen Fächern am regulären Unterricht teil. Dank des Unterrichts in den regulären Klassen, haben die Schüler:innen der  Integrationsklasse die Möglichkeit, über das Sprachniveau B1 hinauszukommen.

In der ukrainischen Schule, die ich besuchte, werden in der achten Klasse 17 verschiedene Fächer unterrichtet: Neben den Fächern, die es auch hier in Deutschland gibt, wird Weltgeschichte sowie ukrainische Geschichte und Literatur gelehrt. Es gibt darüber hinaus die Fächer Informatik und Grundlagen der Gesundheit. Mathematik wird in der Ukraine in Algebra und Geometrie unterteilt. Der ukrainische Lehrplan schreitet sehr schnell voran, sodass wir in Deutschland auf viele bekannte Themen stoßen, aber natürlich fehlen uns viele deutsche Vokabeln.

In der Schule geht es zum Glück auch um die Beziehungen zwischen den Schüler:innen und das Klassenklima. Ich wurde einer sehr freundlichen Klasse zugeteilt, die mich gerne aufnahm. Es gelang mir schnell, eine gemeinsame Sprache mit meinen Klassenkamerad:innen und Freunde zu finden. Trotz der Sprachbarriere zwischen uns, kann ich gut in der Gruppe mitarbeiten und unsere Ergebnisse vor der Klasse präsentieren. Die meisten meiner Klassenkamerad:innen sind freundlich und helfen mir, wenn ich Schwierigkeiten mit meinen Aufgaben habe. Am Ende der siebten Klasse konnte ich sogar an der Klassenfahrt teilnehmen.

Ich hatte das Glück, die Integration von Kindern in das deutsche Bildungssystem am Otto-Hahn-Gymnasium zu beobachten. Das System ist nicht perfekt, aber wenn ich meine Fortschritte in der Integrationsklasse sehe, dann hoffe ich sehr, dass das Programm in den nächsten Jahren nicht beendet wird, weil es vielen weiteren Kindern helfen kann, ihren Weg im deutschen Schulsystem und in der deutschen Gesellschaft zu finden.

Ein Jahr in Monheim als Geflüchtete aus der Ukraine

von Matteo Castoldi, Klasse 8c, Otto-Hahn-Gymnsasium, Monheim

Vor mehr als einem Jahr hat Russland die Ukraine angegriffen, deshalb mussten fast 20 Milionen Menschen aus der Ukraine fliehen. Der frühe Morgen des 24. Februar 2022 wird für immer in der Erinnerung dieser Menschen bleiben. An diesem Morgen hat Russland eine militärische Invasion der Ukraine begonnen und die Stadt Kharkiv wurde bombardiert. Damit hat für viele Menschen eine Geschichte voller Leid begonnen.

Mikola (79 Jahre alt) und Irina (70 Jahre alt) wurden durch die Bombardierungen geweckt und versteckten sich zuerst in der Metrostation. Papiere und eine warme Decke hatten Sie dabei. So wurden sie nach einer Stunde von ihrer Tochter abgeholt und nach Kiew gefahren. Die nächsten sieben Tage verbrachten sie im Auto auf dem Weg zu Verwandten in Deutschland, von denen sie mit offenen Armen aufgenommen wurden.

Dank der Unterstützung der Stadt Monheim am Rhein konnte die Familie nach einigen Wochen eigene vier Wände mit den nötigsten Sachen beziehen. Sie haben heute alles, was ältere Menschen brauchen: eine gemütliche Wohnung zum Leben, finanzielle Unterstützung vom Staat, medizinische Versorgung und ihre nächsten Verwandten, Tochter und Enkel.

Dennoch sind sie nicht glücklich in Monheim. Trotz aller Bemühungen ist es für sie beide fast unmöglich sich in Deutschland wegen ihres hohen Alters zu integrieren. Bei Irina, die den Intergrationskurs an der Volkshochschule besucht, bleiben die neu zu lernenden Worte einfach nicht im Kopf. Mikola hingegen ist blind und kann deshalb alleine nicht aus dem Haus. Noch vor einem Jahr war er ein anerkannter Radiophysiker, ein Professor mit vielen Auszeichnungen und jetzt ist er ein blinder, älterer Herr, der seine Heimat verlassen musste und keiner mehr kennt. Ein weiteres großes Problem für die beiden ist, dass viele ihrer Freunde und Bekannten in der Ukraine geblieben sind. Ihr ganzes Leben ist mit der Ukraine verbunden und es ist schwierig, in einem neuen Land anzukommen. Sie verfolgen die Nachrichten täglich im Internet und warten sehnsüchtig auf den Tag, an dem sie endlich wieder nach Hause zurückkehren dürfen.