Tausende Zuschauer stehen regungslos im Mönchengladbacher Sparkassenpark. Kaum ein Geräusch ist zu hören. Manch einer verweilt in komischer Pose. Jan Delay spielt mit seinem Publikum „freeze“ – das sogenannte Stopptanzen.
Die Band spielt Musik, alle tanzen. Wenn die Musik aufhört, bleiben alle stehen. „Du bist raus“, sagt Delay durchs Mikrofon. Zuschauer lachen. Am vergangenen Samstagabend trat er mit seiner Band Disko No.1 im Rahmen des Open Air 2015 auf.
Eröffnet wird das Konzert mit einem langen Gitarrenvorspiel. Delay kommt, begleitet von zwei Flaggen und drei Sängerinnen, auf die Bühne. Sie stimmen das Lied „Liebe“ an. Zu viert tanzen sie wild im Nebel auf der Bühne – begleitet von einer erstklassigen Lichtchoreografie. „Liebe für Gladbach“, singt der 39-jährige Künstler. Schon jetzt steht fest: Der Abend wird legendär.
„Mir ist jetzt schon warm“, sagt er nach dem Lied. „Ist euch schon warm?“, fragt er seine Zuschauer. „Ist euch schon heiß?“, ruft er. Schmunzeln im Publikum. „Das kommt noch, wenn ich in 17 Minuten meine Jacke ausgezogen habe“ – das Schmunzeln wird größer.
Delay beginnt sein zweites Lied. Die Tribünen beben von aufspringenden Zuschauern. Einige filmen und fotografieren mit ihren Smartphones. Delay trommelt auf einer Conga. Im dritten Song „Wacken“ beweist der Sänger, dass er auch rocken kann. Das Klatschen und Jubeln schallt durch die Arena.
„Türlich, Türlich“ ist sein vierter Song an dem Abend. Die Atmosphäre kann dabei gar nicht passender sein. Wieder stellt er die Frage: „Gladbach, seid ihr heiß? – Um uns besser kennenzulernen, tauschen wir mal alle Telefonnummern aus“. Zuschauer lachen. „Jetzt tanzen wir zusammen“, ruft er in die Menge. Delay beginnt eine simple Choreografie. Nach der ersten Wiederholung steigen seine Zuschauer mit ein. Es ist ein fantastischer Anblick, wie der gesamte Sparkassenpark nahezu synchron tanzt. Zwischendurch sagt der Künstler völlig zu Recht: „Es riecht hier ein wenig legendär auf der Bühne.“
In seinem fünften Lied baut er abgestimmt mit seiner Band einen Break ein. Er bittet sein Publikum darum, den Text „Large“ im gleichnamigen Song mitzusingen. Gesagt, getan – die Zuschauer machen mit und heben sogar aus Eigeninitiative die Arme dabei.
Folgend covert Delay Melodien von mehreren bekannten Songs wie „20 Dollars in my pocket“ (Thrift Shop) und textet diese zum Teil um oder singt eigene Inhalte. Auch Reggae-Lover kommen auf dem Konzert nicht zu kurz. „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ (Herkunft: Nena) performt er besonders rhythmisch bei Sonnenuntergang. Viele Zuschauer kennen offenbar den Text, denn sie stimmen mit ein.
Im Anschluss spielt er noch Lieder wie „Action“ oder „Sie kann nicht tanzen“, bei denen tausende Arme in die Luft fliegen. Die Stimmung steigert sich immer weiter, bis sie schließlich einen absoluten Höhepunkt erreicht.
Sehr kreativ wird Delay noch vor seinem Lied „Oh Jonny“. „Ich bitte euch, was zu nehmen, was ihr jetzt wedeln könnt“, sagt er. T-Shirts, Schals, Jacken und Hemden werden nun durch die Luft gewedelt. Ein einzigartiger Augenblick.
Das dritte Mal kommt Delay gegen 21.50 Uhr auf die Bühne. „Ich weiß nicht, ob wir noch dürfen. Aber wir machen einfach“, sagt er. Sein Konzert begann mit Liebe – am Ende kam ein wenig körperlicher Hass dazu, so wie es Delay nennt. „Mittelfinger hoch“ (Herkunft: Casper) ist sein letztes Stück in Mönchengladbach.
David Niermann, Bocholt