Rita Prigmore aus Würzburg war vom 13. bis 15. November 2012 zu Besuch in Mönchengladbach. Sie sprach an vielen Schulen und erzählte vielen Jugendlichen ihre grausame Geschichte.
Ich selbst konnte sie durch die Gemeinschaft Sant‘ Egidio kennen lernen. „Sie ist eine wirklich beeindruckende Frau“, sagt Julia (14). „Sie hat eine offene, unglaublich herzliche Art. Bei unserer ersten Begegnung begrüßte sie mich so herzlich wie einen lange nicht gesehenen Freund.“
Rita berichtete uns über ihre Geschichte, ihr Leben im Zweiten Weltkrieg. Sie ist eine Sinti und wurde mit ihrer Zwillingsschwester in ihrer Kindheit für Menschenversuche missbraucht. Man wollte aus ihr die typisch deutsche Rasse machen: blond und blauäugig. Bei diesen Versuchen starb ihre Zwillingsschwester.
Sie schilderte detailliert, wie sie und ihre Zwillingsschwester ihrer Mutter direkt nach der Geburt weggenommen wurden. Erst nach fünf Tagen durfte die Mutter Theresia Winterstein zu ihnen. Sie floh mit ihren Kindern, welche sie tatsächlich für kurze Zeit behalten durfte. Schließlich musste sie sie jedoch in eine Klinik abgeben, angeblich wegen Unterernährung. Zwei Wochen darauf wollte Theresia ihre Kinder wiedersehen und musste feststellen, dass ihre eine Tochter Rolanda, bei den Versuchen ums Leben gekommen war. Daraufhin floh sie mit Rita und ließ sie Nottaufen.
Zwei Tage durfte Rita bei ihrer Mutter bleiben, dann wurde sie ihr von der SS wieder weggenommen. Ein Jahr lang wusste Theresia weder wo ihre Tochter war, noch was mit ihr passierte oder ob sie überhaupt noch lebte. Das war im Jahre 1944, als Rita ungefähr ein Jahr alt war. Das Rote Kreuz teilte Theresia dann 1945 in einem Brief mit, dass sie ihre Tochter abholen könne. Sie erfuhr, dass man Rita Spritzen in den Kopf und hinter die Augen gegeben hatte, um sie blond und blauäugig zu machen. In Folge dessen fiel sie oft in Ohnmacht, weshalb sie später sogar von der Schulpflicht entbunden wurde.
Rita und ihre Mutter hielten noch viele Vorträge, bevor Theresia Winterstein vor fünf Jahren mit 85 Jahren starb. Rita berichtet nun alleine von ihrem Schicksal als Kind und gibt noch einen für sie wichtigen Rat:
„Liebe Freunde, ich möchte euch etwas mit auf den Weg geben: Ihr seid jung, ihr habt die Möglichkeit, euer Land und Europa aufzubauen. Schaut euch die Menschen an, ohne Vorurteile, seht ihnen in die Augen und erkennt in jedem einzelnen, dass er ein Mensch ist, egal welche Hautfarbe er hat, ob er behindert ist, ob er fremd ist. Nur das Herz zählt, nur das Herz eines Menschen ist wichtig. Der Mensch ist ein Ebenbild Gottes. Vergesst das nie, deshalb darf nie jemand über einen anderen Menschen urteilen.“
Im Moment ist sie in den Vereinigten Staaten, ihre Enkelkinder besuchen. Bald wird sie wieder nach Deutschland kommen und ihre Meinung und Geschichte in ganz Deutschland verbreiten.
Rebecca Scheeres, Mänchengladbach, Bisch. Marienschule