Die Hände von Loni liegen ruhig auf ihrem Krankenbett im Krankenhaus Mönchengladbach. In den Handflächen zeichnen sich tiefe Linien und Falten – Zeichen dafür, dass mit diesen Händen gearbeitet, ertastet und geholfen wurde. Aber sind es nur Zeichen für das Alter der Dame?
Es scheint unglaubwürdig zu sein. Aber nein, es gibt eine verwechselbare Ähnlichkeit zu der Hand eines neugeborenen Kindes. Kann man einen alten Menschen mit einem Baby vergleichen?
Um diese Frage zu klären, wurde Loni R., die wegen schweren Verletzungen derzeitig im Krankenhaus liegt, befragt. Eine patente, gutgelaunte Frau, die auch der Meinung ist, ihre schrumpeligen Handflächen würden denen eines Neugeborenen ähneln. Hilflos wie ein Kleinkind in so manchen Lagen hat sich die mittlerweile 87-Jährige aber bisher noch nicht gefühlt, was wohlmöglich daran liegt, dass sie geistig wie körperlich noch sehr aktiv ist.
Sie ist trotz ihrer Vitalität der Meinung, dass sich der Mensch am Ende des Lebens wieder zurück entwickelt zu dem, was er einst war. Die Frage, ob sie Angst vor dem Sterben habe, verneint Loni tapfer, denn sie glaubt an das Leben nach dem Tod.
Doch nicht jeder alte Mensch ist so stark wie die 87- Jährige, die erst wenige kleine Ähnlichkeiten mit einem Baby aufweist: etwa wenige Haare, schrumpelige Haut und das Bedürfnis nach geregelten Tagesabläufen. Viele Senioren über 85 Jahren schlafen nachts in der Embryonalhaltung oder nässen sich ein und haben Sprachstörungen. Besonders bei Demenzkranken sieht man, wie stark sie einem Baby ähneln. Demenzgeschädigte schreien, wenn sie unzufrieden sind, vergessen wie man gesittet isst, stottern nur noch Wortfetzen oder haben ein großes Bedürfnis nach Schutz und Nähe.
Beim anschließenden Besuch auf der Neugeborenenstation in Viersen taucht man in eine neue Atmosphäre ein. An den Wänden kleben selbstgebastelte Danksagungen, die Räume sind in einem zarten Gelbton gestrichen. Der drei Tage alte Theo liegt auf dieser Station, ihn kann man zu diesem Thema leider nicht befragen. Mit geschlossenen Augen und einem unschuldigen, zarten Gesichtsausdruck schläft er in seinem Bettchen, nicht ahnend dass ihm sein ganzes Leben noch bevor steht.
Weiterhelfen können allerdings Schwester Inge und Schwester Susanne. Zum Vergleich befragt, ist ihnen aufgefallen, dass ältere Menschen ebenso wie Babys wenig essen. Schwester Susanne erläutert: „Außerdem sehen alte Menschen wie auch Neugeborene in häufigen Fällen schlecht. Manche Reflexe sind bei Babys und alten Menschen noch nicht oder nicht mehr vorhanden.“ Es gibt jedoch auch Gegenargumente: Denn die Kleinen haben im Gegensatz zu Alten ein großes Durstgefühl, sie hören scharf und haben schon bald nach der Geburt eine weiche, sanfte Haut.
Der eine mag an Wiedergeburt glauben, der andere nur an biologische Entwicklungen. Fakt ist, dass dies wohl immer eine ungeklärte Frage bleiben wird: Woher kommen diese großen Ähnlichkeiten des Menschen zu Beginn und Ende seines Lebens?
Clara Olkies, Viersen, Erasmus-V.-Rotterdam-Gymnasium