Selbstverletzung als Hilfeschrei – Bester Freund: die Klinge

Sie hatte Probleme mit dem Freund und in der Schule. Dafür gab die Schülerin sich die Schuld und dafür hasste sie sich. So sehr, dass sie zum Messer griff. Vernarbt ist heute nicht nur ihr Arm, sondern auch ihre Seele.

Die meisten von ihnen sind noch sehr jung, wenn sie das erste Mal in ihre Haut schneiden. Meistens sind Stress mit den Eltern, unerfüllte Liebe oder schlechte Noten die Gründe. Mit Kratzen fängt meistens alles an. Irgendwann reicht das aber nicht mehr. „Dann fängt man an sich zu schneiden”, berichtete uns eine Schülerin, die sich einst selbst verletzte. Sie will anonym bleiben. Aber dass sie dann anfing, sich so tief zu schneiden, dass es anfing zu bluten, verrät sie.

Richtig stark fing das bei ihr an, als sie Probleme mit ihrem Ex-Freund bekam. „Unter anderem hielt ich seine ständigen Beleidigungen nicht mehr aus. Zu diesem Stress kam dann noch Druck von außen. Durch den ständigen Stress verschlechterten sich immer mehr meine Noten.” Jeder aus ihrer Umgebung wusste, dass sie sich selbst verletzte. Immer wieder starrten sie ihre Arme an, doch keiner sagte etwas.

So wie dieser Schülerin geht es vielen Jugendlichen. Sie fühlen sich mit ihren Sorgen und Problemen alleingelassen. Wenn sie dann anfangen, sich zu schneiden, sprechen Ärzte von SVV ­ – selbstverletzendes Verhalten. Und das darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Die Folgen einer solchen depressiven Episode können bis zum Selbstmord führen.

Auch die Schülerin dachte schon daran, ihrem Leben ein Ende zu machen. Und das sehr früh. „Als ich 13 Jahre alt war, fing ich an Tabletten zu schlucken. Ich wollte nicht mehr leben. Zu oft saß ich in meinem Zimmer in der Ecke und konnte den Druck nicht mehr aushalten. Meine Hände und Beine zitterten. Oft legte ich mich auch nur einfach auf den Boden und schlief unter Tränen ein.”

Während sie das erzählt, streicht sie sich immer wieder über ihre Arme. Ihre Hände zittern. Auf ihren Armen sieht man nichts mehr von ihren Schmerzen. Aber sie sitzen noch tief in ihrer Seele.

In so einer Situation verschließen sich viele Jugendliche, lassen niemanden an sich ran, haben Angst, sich jemandem anzuvertrauen. Sie fühlen sich schlecht. Leer. Allein. Die Klinge bezeichnen Ritzer oft als ihren einzigen Freund. Auch sich selbst hassen sie. „Du akzeptierst Dich nicht”, sagt die Schülerin. Der Hass entstehe, wenn man Ärger mit Familie, Freunden und anderen Personen habe. Man gebe sich allein die Schuld, bestrafe sich selbst ­- indem man sich in die eigene Haut schneidet.

Für die Eltern der betroffenen Kinder ist das Thema meist völlig neu, sie sind überfordert. Ärztlicher Rat kann helfen. Ein mehrwöchiger Klinikaufenthalt oder andere Therapien auch. Weitere Informationen unter www.rotetraenen.de.

Lara Gessner, Ramona Gasper, Solingen, Theodor-Heuss-Realschule