Wing Tsjun ist eine Selbstverteidigungskampfkunst, deren Techniken, wenn man sie beherrscht, ganz flüssig und mühelos durchgeführt werden können. Aber dahin muss man erst einmal kommen.
Wie immer beginnt das „Wing Tsjun“-Training, indem sich vor Bildern der Großmeister verneigt wird, die an der Spiegelwand hängen. Anschließend wird sich vor Sihing Ken Berendes verbeugt, der vor diesem Spiegel steht. Sihing, die Anrede für den Wing Tsjun-Lehrer ist chinesisch für „Älterer Kung Fu-Bruder“.
Zunächst wird sich aufgewärmt. „Aufwärmen muss man sich bei so gut wie jeder Übung hier, weil wir die Schwachstellen des Körpers wie die Gelenke angreifen“, erklärt Ken Berendes. Heute ist das Aufwärm-Training ein Konter dagegen, dass unser Kopf von der gegenüberstehenden Person gegen einen Kniestoß runter gedrückt wird. Der Konter endet mit einem Kniestoß, den der Trainingspartner abwehren muss. Dies wird die erste halbe Stunde gemacht.
Wing Tsjun ist ein Teil von Kung Fu. Die Kampfkunst heißt Wing Tsjun, weil die erste Schülerin der Erfinderin „Yim Wing Tsjun“ hieß. Die Erfinderin war eine Nonne namens „Ng Mui“. Übersetzt heißt „Wing Tsjun“ „schöner Frühling“. „Das Besondere an Wing Tsjun ist, dass es sehr effektiv und von jedem erlernbar ist, sodass man sich in kürzester Zeit verteidigen kann“, sagt Berendes.
Nach dem Aufwärmen erklärt Sihing Berendes die nächste Übung: Wir teilen uns in Vierergruppen auf. Eine Person ist der Verteidiger, die anderen drei sind die Angreifer und stellen sich vor den Verteidiger. Jeder Angreifer hat eine Zahl von eins bis drei. Wenn Berendes „drei“ ruft, muss die Person mit der Nummer drei den Verteidiger mit einem geraden Fauststoß oder Tritt angreifen. Wenn Berendes „Wechsel“ ruft, ist der Nächste in der Mitte und der vorherige Verteidiger nimmt die Nummer dieser Person an. Im Hintergrund hört man Rock-Musik.
Wie Karate ist auch Wing Tsjun eine Schwarzgurtschule. In der Kindergruppe (bis 12 Jahre) gibt es nach jeder bestandenen Prüfung einen neuen Gurt. In der Erwachsenen-Gruppe (ab 13 Jahren) wird dies mit Schülergraden geregelt. Es gibt 12 Schülergrade, wenn man die 12. Prüfung bestanden hat, bekommt man den Schwarzgurt.
„Die Übungen, die mir am meisten Spaß machen, sind die Notfalltechniken für Fälle, in denen man gegriffen oder gewürgt wird, weil sie immer funktionieren“, sagt Berendes. Die Stunde endet damit, dass wir uns wie am Anfang aufstellen und uns verneigen. Zuerst vor den Großmeistern und dann vor Sihing Ken Berendes.
René Beeres, 8e, Marienschule Opladen