Hans Dieter Kahrl blickt auf seine elfjährige Laufbahn als Bürgermeister der Stadt Burscheid zurück. Dabei spricht er über seine Anfänge und sein Amtsende nach den anstehenden Kommunalwahlen im Spätsommer.
Herr Kahrl, Sie sind jetzt schon seit dem 1. April 1998 Bürgermeister in Burscheid. Haben Sie sich schon als Kind für Politik interessiert?
Ich habe mich schon als Kind immer sehr für Politik interessiert. Es war ja noch die Zeit von Konrad Adenauer und dem deutschen Wiederaufbau. Das war schon sehr interessant, und ich fand das richtig spannend.
Mit wie vielen Jahren stand für Sie fest, dass Sie Ihre berufliche Karriere der Politik zuwenden?
Das Bürgermeisteramt ist ein politisches Amt. Ich komme aber durch meine Ausbildung nicht von der politischen Schiene, weil ich vorher in der Stadtverwaltung tätig war. Dann bin ich aufgestiegen und habe das Bürgermeisteramt übernommen. Für mich stand also erst sehr spät fest, dass ich mich als Bürgermeister in der Politik einsetze.
Wann haben Sie sich das erste Mal für eine Bürgermeisterwahl beworben?
Das erste Mal habe ich mich im Januar 1998 für die Wahl in Burscheid beworben und wurde dann vom Rat zum hauptamtlichen Bürgermeister gewählt. Dann habe ich mich noch zweimal der Wahl gestellt, nämlich jeweils im September 1999 und 2004. Ab diesen Wahlen wurde der Bürgermeister von den Bürgern selbst gewählt. Ich wurde jeweils im ersten Wahlgang mit über 50 Prozent der Stimmen, was damals nötig war, gewählt. Also musste die so genannte Stichwahl nicht stattfinden.
Vor Ihrer Zeit als Bürgermeister in Burscheid waren Sie auch schon in Issum tätig. Was haben Sie von dort mitgebracht?
Ich habe sicherlich viele Erfahrungen im Umgang mit Rat und Gremien gesammelt, aber auch im Umgang mit den Bürgern, da ich oftmals auf Veranstaltungen präsent war. In Issum, wo es viel weniger Einwohner gibt, habe ich außer dem Verwaltungsgeschäft, was ich von Anfang an gelernt habe, auch noch die repräsentative Seite des Bürgermeisters als Gemeindedirektor kennen gelernt. Geld habe ich vom finanziell gesunden Issum allerdings nicht mitgebracht. (lacht)
Welche schulischen Leistungen oder Ausbildung braucht man eigentlich, um sich als Bürgermeister zu bewerben?
Eigentlich braucht man gar keine Ausbildung. Es gibt Parteien, die Kandidaten aufstellen, die sich dann dem Wähler stellen. Aber auch jeder, der die Bürgerrechte besitzt, kann unabhängig vom Alter als Bürgermeisterkandidat antreten. Einzelkandidaten müssen dann 160 Unterschriften nachweisen. Der Rat in Burscheid hat 32 Mitglieder, mit Bürgermeister 33. Wer als Unabhängiger kandidieren will, muss fünfmal so viele Unterschriften von Bürgern wie der Rat Mitglieder hat (ohne Bürgermeister) einreichen, die für seine Person sind. Wenn jemand aber in der Verwaltung, beispielsweise als Beigeordneter, tätig werden will, muss er natürlich eine geeignete Ausbildung mitbringen. Für das Bürgermeisteramt sollte aber nach dem Willen des Landesgesetzgebers jeder Bürger die Möglichkeit haben. In der Praxis hat sich aber sehr schnell gezeigt, dass es dann doch Fachleute sein sollten. Deshalb bin ich froh, dass ich den Umweg über die Verwaltung zum Bürgermeisteramt machen konnte.
Im November 2008 hat Burscheid den „European Energy Award“, einen Preis für besondere Leistungen im Energie- und Klimaschutzbereich, überreicht bekommen. Wie kam es dazu?
Dieser Preis hat sehr viel mit Energiesparen zu tun. Das kann man im kleinen wie im großen Rahmen machen. Wir haben uns für die Nutzung von Erdgas und für energetisch optimierte Gebäude eingesetzt. Wichtig ist besonders das allgemeine Energiesparen. Also haben wir alle öffentlichen Gebäude danach überprüft, wie man Energie einsparen kann. Im Rathaus haben wir uns zum Beispiel immer sehr auf das Ausschalten von Licht und das damit verbundene Einsparen von Energie konzentriert Wir haben uns alles in allem so sehr engagiert, dass wir den Preis überreicht bekommen haben. Darauf können wir sehr stolz sein.
Burscheid hat zwei Partnerstädte: Bourscheid in Luxemburg und das österreichische Egg. Was verbindet Burscheid mit diesen Städten?
Die Partnerschaft mit Egg besteht seit 1968, also schon gut 40 Jahre. Damals hatte die Burscheider Turngemeinde eine Ski-Abteilung, die unter anderem in Egg Urlaub gemacht hatte und Freundschaften zur Bevölkerung geschlossen hatte. Auch der Orchesterverein Hilgen war mit einigen Personen häufiger in Egg. Und so kam irgendwann der Vorschlag zur Gründung einer Städtepartnerschaft. Ähnlich war das auch mit Bourscheid. Der damalige Vereinsvorsitzende der Burscheider „Musikalischen Akademie“ war häufig zu Gesprächen in Bourscheid. Durch die persönlichen Kontakte von Herrn Mettlach – früherer Notar in Burscheid – kam dann die Freundschaft zwischen den Bürgermeistern. Nachdem der Vorschlag einer Städtepartnerschaft im Rat Bedenken auslöste, weil Burscheid knapp 20000, Bourscheid aber nur 1200 Einwohner hatte, begann man eine „Städtefreundschaft“. Dies hat so gut geklappt, dass die beiden Städte zwei Jahre später Partnerstädte wurden.
Am 30. August sind wieder Kommunalwahlen in NRW. Sie treten dann ja nicht mehr als Bürgermeisterkandidat in Burscheid an. Was ist Ihre persönliche Zukunft?
Am 20. Oktober 2009 wird unabhängig von der Wahl nach meiner über elfjährigen Zeit in Burscheid mein letzter Arbeitstag sein. Anschließend gehe ich in Pension. Mein Hauptwohnsitz ist ja in Uedem am Niederrhein; ich habe hier in Burscheid meinen Zweitwohnsitz. Ich werde mich dann in Uedem sicher ehrenamtlich engagieren – was genau, dass weiß ich jetzt noch nicht. Ich wandere auch sehr gerne – das werde ich sicher dann viel öfter machen. Jetzt habe ich aber erst einmal noch acht Monate hier im Amt, und das macht mir sehr viel Spaß. Wir haben ja viel geschafft, aber auch noch einiges vor, etwa den Radweg auf der alten Bahntrasse.
Und für Burscheid? Welche Tipps geben Sie Ihrem Nachfolger? Was erwarten Sie von ihm?
Egal, wer es wird – ich kenne die Kandidaten ja alle schon lange. Wichtig ist, dass sie den Spagat schaffen zwischen dem Hauptamt – also die Verwaltung zu führen – und der Repräsentation. Wichtig ist auch, dass die Verantwortlichen im Rathaus auf die Bürger zugehen und das Rathaus als Dienstleistungsunternehmen darstellen. Früher wurden Anträge eher danach geprüft, wie man sie ablehnen kann; heute prüfen wir, wie sie genehmigt werden können. Ich denke, dass meine Nachfolger das auch so wahrnehmen werden. Ich würde mir natürlich auch wünschen, dass die aktuellen Projekte kontinuierlich weitergeführt werden.
Niklas Freund, Jonas Book, Leverkusen, Marienschule