Schule vor sechzig Jahren? Warum nicht gleich aus erster Hand erfahren, wie das damals war?
Das hat sich die Sozialarbeiterin und ehemalige Marienschülerin Bianca Kunkel gedacht, als sie sich mit Senioren im Altersheim Upladin in Opladen unterhielt. Wie sich herausstellte, waren einige Bewohnerinnen auch einmal Marienschülerinnen. 22. Mai 2014, macht sich eine Gruppe, teilweise im Rollstuhl, auf den Weg, um Erinnerungen zu wecken. Alte Erinnerungen, von Schulzeiten unmittelbar nach dem Krieg. Die Gruppe besteht aus vier Senioren und Seniorinnen, von denen eine 1926 eine Marienschülerin war, Olaf Bender, dem Leiter des Hauses Upladin und Frau Kunkel, deren Erfahrungen als Marienschülerin noch ziemlich frisch sind.
Unsere Gruppe, neun Schülerinnen und Schüler der Klasse 8c der MSO, trifft unsere Gäste. Vier Menschen, die unsere Großeltern sein könnten. Weiße, kurze Haare und faltige, freundliche Gesichter. Die Führung beginnt mit dem Lehrerzimmer, das unseren Gästen sehr gefällt. Er sei hell, groß und gemütlich, so beschreiben sie den Raum, den sie mit den Lehrerzimmern ihrer eigenen alten Schulen nicht vergleichen können, weil sie jene nie betreten durften. Weiter geht es mit dem zweiten Stock. Diejenigen, die noch gut zu Fuß sind, nehmen die Treppe im hellen Glastreppenhaus. Die anderen dürfen den Fahrstuhl benutzen. In der Bücherei stoßen die Besucher begeistert auf Literatur wie Dickens oder Melville. Als wir erzählen, dass nicht viele von uns noch zu Moby Dick oder David Copperfield greifen, sind sie etwas enttäuscht.
Wir betreten den Computerraum. Ein Raum mit Tischen voller moderner Macs. Unseren Erklärungen zu Tastatur, Maus und Co. können sie schwer folgen und wir merken schnell: Dies ist nicht ihre Welt. Nachdem wir eine Klasse beim Chemieunterricht gestört haben, setzen wir uns in den Garten und erzählen. Eigentlich sind wir Schüler es, die am meisten berichten, von Austauschprogrammen mit Partnerschulen in Frankreich oder England. Die Chancen, die sich uns bieten, hatten unsere älteren Austauschpartner noch nicht. Sie erzählen nicht viel, aber an die Turnanzüge kann sich die Älteste noch genau erinnern. Sie waren schwarz und gingen bis über die Schulter. Die Schülerinnen dürften nicht tanzen, berichtete uns eine Frau. Sie seien daher zu einem Tanzkurs gegangen und hätten da erste Erfahrungen mit männlichen Tanzpartnern gemacht. Sie schilderte uns heimliche Treffen während der Schulzeit außerhalb des Schulgeländes. Wie die Schwestern sie erwischt und ihnen Strafen angedroht haben.
Zu guter Letzt statten wir unserem Klassenzimmer einen Besuch ab, um unseren Gästen dort eine der vielleicht größten Veränderungen der Zeit zu demonstrieren. Das ActiveBoard, eine elektronische Tafel mit Zugriff auf Internet. Zuerst beäugen sie es noch unsicher, doch als wir den Stift weitergeben, geht eine der Damen nach vorne und zeichnet ein Mandala. Ihre Hand zittert ein bisschen, aber sie ist begeistert von der neuen Methode, die Muster auf die Tafel zu bringen.
Ganz unbeschwert kann man mit Menschen mit so einer Altersdistanz natürlich schwer umgehen. Wir gehören verschiedenen Generationen an, uns teilt eine unsichtbare Kluft. Aber ich würde einen derartigen Austausch wieder machen, denn nichtsdestotrotz kann ich sagen, dass wir viel mehr gelernt haben als erwartet.
Rebekka Mattes, 8c, Marienschule Leverkusen