In einer unscheinbaren Lagerhalle im Industriegebiet Kleve befindet sich seit vier Jahren eine erfolgreiche Werft. Viele Bewohner wissen davon nichts, obwohl das markerschütternde Hämmern und das kreischende Flexen bei vorsichtichtigem Nähern nicht zu überhören sind.
Seit 2009 bietet das Team um Thomas Coenen über 200 Boots- und Yachtmodelle an, wobei jedes einzelne individuell nach Kundenwunsch gefertigt wird. Hier gibt es nichts von der Stange, jedes Boot ist einzigartig. Dies funktioniert aufgrund des kleinen Formats und damit einhergehenden hohen Flexibilität des Betriebs.
Aber die vier Männer machen nicht alles selbst: Mit den Grundrissen werden Konstrukteure aus aller Welt beauftragt, die Inneneinrichtung wird von Schreinern übernommen. Die Boote kommen als zurechtgeschnittene Aluminiumplatten zum Betrieb, werden dort ähnlich einem Puzzle zusammengeschweißt. Bei kleineren Booten werden Außenborder verwendet, dazu ist die Werft Honda-Direkthändler, bei größeren Booten werden je nach Kundenwunsch alle beliebigen Innenborder, also im Rumpf der Schiffe montierte Motoren, verbaut.
Jeder der vier Männer bei Coenen Yachts & Boats, so der offizielle Name, ist Schlosser und verfügt über sehr gute Schweißkenntnisse. Das Aluminiumschweißen, mit dem man dort oft beschäftigt ist, gilt nämlich als überaus schwierig, weil die Oberfläche (Aluminiumoxid) eine Schmelztemperatur von 2000° Celsius hat, der eigentliche Stoff (Aluminium) aber schon bei 500°C schmilzt. So muss man sehr konzentriert arbeiten.
Coenen Yachts & Boats gibt es bereits seit zehn Jahren, aber erst vier Jahre am jetzigen Standort im Industriegebiet Kleve neben einem BMW-Händler. Vorher arbeiteten die Männer in Voerde. Vor einigen Monaten noch fürchteten sie um ihr Lebenswerk. Grund: Eine anderthalb Jahre dauernde Durststrecke auf dem internationalen Schiffshandel bedrohte die Existenz vieler großer und kleiner Werften, einige gingen Pleite. Coenen Yachts & Boats hielt sich mit kleinen Angelbooten jedoch über Wasser und erfreut sich nun wieder bester Auftragslage.
Jedes Boot – ob extra auf Kundenwunsch oder nicht – wird so gebaut, dass es bei Lloyd’s of London versichert werden könnte, was eine besonders hohe Qualität garantiert. Zur Verdeutlichung: Allein die Abnahme durch Lloyd’s of London kostet bis zu 15.000 Euro. Dieses Konzept überzeugt regelmäßig verschiedene afrikanische Marinen. Erst kürzlich erhielt der Betrieb einen Auftrag über mehrere Patrouillenboote für die nigerianische Marine. Eigentlich werden die Boote ab Werk verkauft, um mit der Auslieferung keine Probleme zu bekommen, manchmal werden größere Schiffe aber über den nahen Spoykanal und anschließend über den Rhein durch die Niederlande in die Nordsee zu ihrem neuen Besitzer gefahren.
Weil bei Coenen Yachts & Boats nur vier Mitarbeiter arbeiten, ist der Beruf dort sehr vielseitig. Es gibt keine Experten für bestimmte Gebiete, jeder kann und macht alles. Das bedeutet gleichzeitig auch, dass oft selbstständig gearbeitet wird.
Marius Tacke, Kleve, Freiherr-von-Stein-Gymnasium