Was war Schule im Krieg und in der Zeit danach? – Lernen inmitten von Zerstörung

,,Ach, das waren noch Zeiten…„, erzählt die 75-jährige Anni Kessel. Sie blättert versunken in ihrem Fotoalbum und sieht sich Bilder ihrer Kindheit an. 1938 geboren, erlebte die gebürtige Alt-Königshovenerin den II. Weltkrieg in jüngsten Jahren mit.

Als Anni Kessels Schulkarriere begann, war der Krieg fast verloren und Deutschland beinah komplett zerstört. Dies war im Jahr 1944. Zur Begrüßung wurde der Hitlergruß ausgeführt. Geschrieben wurde auf Schiefertafeln mit einem Griffel. Jedoch später mit Feder und Tinte auf qualitativ schlechtem Papier. Die Schule begann morgens um acht Uhr und endete jeden Tag mittags um zwölf.
Von diesem Schulalltag an der damaligen Volksschule erlebte Anni zunächst nur wenige Monate, denn als die Armeen der Amerikaner sich Königshoven immer weiter näherten, wurden die jüngeren Kinder wieder ausgeschult. Die älteren Schülerinnen und Schüler der Volksschule. die acht Schuljahre beinhaltete, aber mussten weiterhin die Schule besuchen. Anfang des Jahres 1945 ging auch Annis Jahrgang wieder zur Schule.
Weiterhin dauerte jeder Schultag vier Stunden, dies auch an Samstagen, mit einer Pause, die um zehn Uhr begann und um 10.20 Uhr endete. In der Pause mussten alle Kinder an den Schulspeisungen der Amerikaner teilnehmen. Diese bestand aus einem Eintopf. ,,Am schlimmsten war die Erbsensuppe, aber samstags gab es Kakao mit Nüssen und Weißbrot. Das war lecker“`, berichtet Frau Kessel schwärmend.
Nach der Pause ging es wieder in die Klassenräume, in denen meist 35 bis 40 Kinder saßen. Man konnte sein Können in den Fächern Mathe, Deutsch, Sprachlehre, Naturkunde, Erdkunde, Geschichte, Religion und Sport unter Beweis stellen. War man schulisch besonders begabt, konnte man im Alter von zehn Jahren von der Volksschule auf ein Gymnasium wechseln. ,,Meine Mutter wollte mich damals nicht das Gymnasium besuchen lassen, weil sie der Meinung war, dass ein Junge den Platz bekommen sollte´`, erklärt Anni Kessel.
Damals war der Umgang mit den Schülern noch härter. Hatte man etwas verbrochen, egal ob in Schul- oder Freizeit, kam die Beschwerde zum Direktor. Hierfür gab es Strafarbeiten, die auf Tapetenrollen geschrieben wurden. Wurde in der Schule etwas verbrochen, bekam man den Rohrstock zu spüren. Die Jungs kassierten auf das Gesäß, während die Mädchen auf Hände und Finger geschlagen wurden. Außerdem hieß es für die Bösewichte: Nachsitzen am Nachmittag.
,,Draußen liefen wir in alten Klamotten rum, aber in der Schule wurde auf ordentliches Aussehen geachtet.„, erklärt die Seniorin. Mädchen trugen Kleider, Schürzen und Kniestrümpfe, Jungen knielange Hosen, Kniestrümpfe und Hemden. ,,Ich durfte nach der Volksschule auf eine höhere Handelsschule wechseln. Für diese war jedoch das Schulgeld immens hoch. Die meisten Kinder begannen also damals schon mit 14 eine Ausbildung.„, sagt die Rentnerin.
Damals wurde aus den geringen Mitteln das Beste gemacht und trotzdem wünschen sich alle, auch Anni Kessel, dass so eine Zeit nie wieder zurückkehrt.

Nadja Hoster, Antonia Kessel, 8a, Pascal-Gymnasium Grevenbroich