Leider nicht. Das belegt Jahr für Jahr der Weltverfolgungsindex von Open Doors.
Das Christentum entstand zu Zeiten des römischen Kaiserreichs. Die Römer waren zwar tolerant gegenüber anderen Religionen, aber nur solange auch die römischen Götter verehrt wurden, was Christen untersagt war. So wurden sie fast 300 Jahre lang verfolgt und mussten oft im Amphitheater um ihr Leben kämpfen. Später allerdings wurden sie selbst zum Verfolger und töteten in den Kreuzzügen. Im dreißigjährigen Krieg bekämpften sie sich sogar untereinander. Und heute? Sind sie Verfolger oder Verfolgte?
Verfolgung ist ein Begriff, der keine genaue Definition hat. Das UN-Flüchtlingshilfswerk verweist darauf, dass „eine Bedrohung des Lebens oder der Freiheit aufgrund von Ethnie, Religion, Nationalität […] in jedem Fall als Verfolgung zu werten ist“ (gemäß Artikel 33 der Flüchtlingskonvention). Verfolgung schließt aber auch verschiedene Formen von Diskriminierung mit ein. Von Verfolgung kann man also auch schon sprechen, wenn jemand zum Beispiel aufgrund seines Glaubens keine Arbeit mehr bekommt oder anderweitig benachteiligt wird.
So sind religiöse Minderheiten weltweit massiver Verfolgung ausgesetzt. Was heute oft nur wenige wissen: Auch Christen leiden, aufgrund ihres Glaubens, unter starker Diskriminierung und Verfolgung. Das Christentum ist die weltweit am stärksten unterdrückte Glaubensgemeinschaft. Open Doors, eine Organisation, die sich international für verfolgte Christen einsetzt, erstellt jedes Jahr einen neuen Weltverfolgungsindex, eine Rangliste in der 50 Länder aufgeführt werden, in denen Christen die stärkste Verfolgung erleben. Dieser Index und auch die Rangliste sind umstritten, da nicht klar ist, welche Kriterien der Statistik zugrunde liegen. Laut Open Doors leben in diesen Ländern etwa 650 Millionen Christen. Einer neuen Einschätzung zufolge sind etwa von diesen 650 Millionen Christen, 200 Millionen einem hohen Maß von Verfolgung ausgesetzt.
Seit 15 Jahren wird der Weltverfolgungsindex von Nordkorea angeführt. Dort leben etwa 300.000 Christen, die alle Verfolgung erleiden. In Nordkorea gelten Christen als politische Straftäter. Menschen, die sich zu Jesus bekennen, riskieren Verhaftungen, Arbeitslager oder den Tod. Allein schon der Bibelbesitz steht unter Strafe. Eltern erzählen deshalb ihren Kindern nichts von ihrem Glauben, damit diese sie bei einer Befragung nicht verraten. Sie können ihren Glauben nur geheim leben.
Ähnlich ergeht es Christen, die in einem muslimisch geprägten Land leben. Dort werden religiöse Minderheiten systematisch ausgelöscht. Im Irak beispielsweise hat sich die christliche Bevölkerung seit Beginn des Irak-Krieges 2003 um mehr als die Hälfte halbiert. Christen werden dort vertrieben und hingerichtet, Kirchen zerstört, öffentliche Bekundungen über den christlichen Glauben sind verboten und Blasphemie Gesetze sollen den Christen Angst machen. Oft sind die Christen nicht nur in der Religionsfreiheit eingeschränkt, sondern sind auch nur Bürger zweiter Klasse. Sie erfahren keinen Schutz von den Behörden und vor Gericht sind sie nicht gleich. In Nigeria, Somalia, oder auch im Iran gilt es nicht einmal als Kavaliersdelikt einen Christen zu erschießen. Handelt es sich um einen konvertierten Muslim, gilt es oft geradezu als Pflicht.
Auch wenn nicht alle Christen in diesen Ländern verfolgt werden oder viele Muslime sich solidarisch gegenüber den Christen zeigen, wie es in Ägypten (Platz 21) der Fall ist, gehören Christenverfolgungen nicht mehr der Vergangenheit an. Im Gegenteil, sie sind hochaktuell – wie im antiken Rom.
Anna Scholtheis, 8b, Friedrich-Spee-Gymnasium