Kommentar zur Aussage des türkischen Generalkonsuls Kivanc: „Integration beginnt mit Bildung.“ (Artikel erschien in der RP vom 29.10.08)
Schon beim Lesen der Überschrift war meine erste Frage: Wie können türkische Eltern ihre Kindern in Sachen Bildung unterstützen, wenn sie selbst ohne schulische Bildung nach Deutschland gekommen sind und sich nicht um Bildung kümmern? Dieser Prozess dauert Generationen.
Kivanc spricht davon, dass Bildung die wichtigste Voraussetzung für eine gute Integration ist. Das ist absolut wahr, aber wie wollen die türkischen Eltern ihren Kindern etwas beibringen, wenn sie selbst ohne schulische Bildung nach Deutschland gekommen sind und sich dann auch nicht mehr um Fortbildung gekümmert haben, sondern „bildungsfremd“ geblieben sind.
Ich komme auch aus einem solchen Elternhaus. Es war für mich sehr schwer, Deutsch zu sprechen und zu verstehen, denn im Kindergarten hatten wir schon unsere „Türkengang“ und in der Grundschule auch. Da ich nur ganz wenige deutsche Freunde hatte, habe ich auch kein Deutsch gesprochen und keine typisch deutschen Ausdrücke mitbekommen. Dieses Problem habe ich immer noch. Ich verstehe oft Texte nicht, weil mir das Vokabular fehlt. Als ich dieses Problem erkannt habe, habe ich mich natürlich an Deutsche gewandt und viel mit ihnen gesprochen und wenn ich eine Vokabel nicht verstanden habe, gefragt, was das Wort heißt. Die meisten Türken haben solche Sprachprobleme und hätten gerne die Hilfe deutscher Freunde.
Die Eltern müssen sich ganz früh um die sprachliche Ausbildung (Bildung) ihrer Kinder kümmern. Schon im Kindergarten und auch später in der Schule sollte die Betreuung mehrsprachig sein. Gute Deutschkenntnisse und berufliche Qualifikationen sind ungeheuer wichtig. Und sie müssen frühzeitig etwas für das gegenseitige kulturelle Verständnis tun. Aber dabei sollte es selbstverständlich bleiben, dass türkische Kinder oder Jugendliche ohne Hemmungen sagen können: „Mein Opa ist Türke, und ich bin stolz drauf!“ Die Deutschen sollten dies, ohne die Miene zu verziehen, akzeptieren und als völlig normal hinnehmen.
Ich glaube auch, dass die Bildung [(vor-) schulische und berufliche Bildung] für die Integration sehr wichtig ist. Sprachkenntnisse spielen eine Schlüsselrolle, um sich in einem anderen Land zurecht zu finden, um die eigenen Lebenschancen wahrnehmen zu können. Vor allem Kinder müssen mit guten Deutschkenntnissen in die Schulen kommen, damit sie die gleichen Chancen wie die deutschen Kinder haben. Dann haben sie die Voraussetzung für eine vernünftige Ausbildung. Dass soll aber nicht heißen, dass die deutsche die türkische Sprache ersetzen soll. Beide Sprachen sind gleich wichtig und sollen möglichst gleich gut von den türkischen Kindern beherrscht werden.
Es kommt daher drauf an, dass die türkischen Menschen, die nach Deutschland kommen, in ihrem eigenen Interesse die Chancen für sich und ihre Kinder wahrnehmen, indem die Sprache lernen und die Bildungsmöglichkeiten nutzen.
Ali Kadir Ates, Düsseldorf, Leibniz-Gymnasium