Peng!!! Ein lauter Knall versetzt viele Leute in Angst und Schrecken. Menschen kommen aus ihren Häusern gestürmt und müssen mit ansehen, wie ihr „Mittelpunkt“ abbrennt. Am 4. November 2011, kurz nach 15 Uhr, explodiert in Weißenborn, Zwickau, das bei den Anwohnern beliebte Siedlerheim. Es wurde, wie die ganze Arbeitersiedlung, zwischen 1926 und 1928 erbaut und war dort der „Mittelpunkt“.
„Früher wurden dort die Renten ausgezahlt, und es wurde immer Eintopf für die Arbeiter gekocht“, erzählte mir meine Uroma, Hildegard Pietsch. Meine Mutter berichtete mir noch: „In der ehemaligen DDR war in dem Haus ein Konsum (Lebensmittelgeschäft), bei dem man alles für den täglichen Bedarf bekam.“
Kurz vor der Explosion war dort ein Schlecker-Markt und ein griechisches Restaurant. Das Trio, das in dem Haus lebte und dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) angehört haben soll, machte nie auf sich aufmerksam. „Sie grüßten mich immer freundlich und machten den Kindern des Untermieters sogar zu Weihnachten Geschenke“, erzählt meine Uroma. Durch Nachbarn erfuhr sie, dass Beate Zschäpe (37) wenige Sekunden vor der Explosion mit zwei Kätzchen aus dem Haus gekommen sein und die Tiere einem Nachbarskind gegeben haben soll. Kurz danach sei sie verschwunden.
Als der laute Knall ertönte, liefen alle Leute aus der Bäckerei und Metzgerei. Viele Nachbarn waren entsetzt und hatten Angst. Ein wenig später hörte man Sirenen heulen und der Strom wurde abgeschaltet. Die Feuerwehr und die Polizei kamen zur Frühlingsstraße gefahren, die daraufhin komplett gesperrt wurde. Die Polizei befragte die Anwohner und bekam den Hinweis auf ein Wohnmobil, welches ausgebrannt in der Nähe von Eisenach gefunden wurde. In ihm fand man die Leichen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhard. Neben ihnen wurde Geld gefunden, das die beiden am Morgen bei einem Banküberfall erbeutet haben sollen.
Tage später war auf der Frühlingsstraße immer noch ein reges Treiben. Sogar das französische Fernsehen war vor Ort. Die Polizei fand noch weitere Waffen in der Ruine.
Das Siedlerheim wurde komplett abgerissen, weil man Angst hatte, dass es zu einer Pilgerstätte der rechten Szene wird. „Die schönen Erinnerungen werden bleiben“, sagte mir meine Uroma. Da der größte Schock nun verdaut ist, kann über der Frühlingsstraße die Sonne wieder lachen.
Anna-Lena Vondahlen, Wassenberg, Betty-Reis-Gesamtschule