„Laterne, Laterne. Sonne, Mond und Sterne, …“ , so singen gerade etliche Kinder um mich herum. Vor mir zieht die Kapelle und spielt zu diesem Lied. Ich bin mitten im Vorster Martinszug. Ich blicke in viele lachende Gesichter und bin überglücklich.
Meine kleine Schwester nimmt meine Hand und bittet mich, ihre Laterne zu tragen. „Die ist so schwer! Och, bitte, bitte! Bitte nimm‘ meine Laterne. Bitte!“ Dann schaut sie mich so lieb mit ihren kleinen Augen an, dass man es einfach nicht über das Herz bringt, „Nein“ zu sagen. „Na komm. Gib schon her. Ich trage deine Laterne ja schon“, antworte ich ihr.
Ich schaue mich um und sehe, dass wir gerade erst an der Vorster Kirche vorbei sind und in Richtung Neubaugebiet ziehen. „Der Herbststurm braust durch Wald und Feld, die Blätter fallen nieder und von dem hohen Himmelszelt ziehen schwarze Wolken nieder,…“, tönt es mal laut, mal schön um mich herum. „Sieh mal, da ist doch Jana, das ist doch Michaela“, höre ich gerade zwei Viertklässler hinter mir.
Ich muss schmunzeln und begrüße mein Freundin Alicia, die sich neben mir in den Zug eingereiht hat. Wir erzählen ein bisschen, da bemerke ich, dass wir das Neubaugebiet verlassen haben und nun wieder auf der Grefrather Straße sind. Jetzt nähern wir uns „dem Ort des Geschehens“ mit zunehmend großen Schritten. Wir ziehen durch eine kleine Gasse, dem Feuer immer näher kommender.
Von dort aus werden wir in das Bruch ziehen und die Martinszeremonie beobachten. Wir sind von der Andreasstraße runter gegangen und biegen um die Ecke. Jetzt müssen wir weiter Geradeausgehen und, genau an dieser Kreuzung, links.
Man kann das Feuer schon sehen, und das Knistern des Holzes hören. Obwohl ich dieses alles schon mindestens zehnmal gesehen habe, freue ich mich immer noch wie ein kleines Kind. Nun haben wir das Feld erreicht und die Martinsszene wird in einer tiefer gelegenen Nierswiese dargeboten.
Alle singen mit: „St. Martin, St. Martin, St. Martin ritt durch Schnee und Wind, sein Ross das trug ihn fortgeschwind, …“ Und wie es üblich ist, macht St. Martin genau das, was man von ihm erwartet. Die Kapelle spielt dazu und Hunderte von Kinderaugen leuchten begeistert. Die Mantelteilung ist vorüber, der Bettler erhielt seinen „Mantelteil“, und fast alle strömen zum Kindergarten, wo sie ihre prall gefühlten Süßtüten abholen wollen.
Endlich halte ich meine Tüte in meinen Händen und gehe heim, um den Inhalt meiner Tüte schnellstmöglich zu inspizieren. Ich stecke mir ein Stückchen Schokolade in den Mund und hole die Süßigkeiten aus dem Schrank, die ich gleich großzügig an die singenden Kinder verteilen werde. Denn auch das traditionelle Martinssingen der von Haus zu Haus ziehenden Kinder gehört mit zu meinem Martinsprogramm.
Leoni Aliena Fretz, Viersen, Erasmus-V.-Rotterdam-Gymnasium