Es scheint wieder einmal eine neue, unendliche Geschichte zu geben: So lange wie der Bau des neuen Einkaufszentrums diskutiert wird, findet eine nie enden wollende Debatte über das Schicksal des alten Theaters statt. Die neueste Idee des Citymanagements, ein Stück Fassade des alten Stohrer-Baus abzutragen und an anderer Stelle wieder aufzubauen, mag vielen Mönchengladbachern, die sich für den Erhalt des Gebäudes und eine Wiederaufnahme des Theaterbetriebs eingesetzt haben, wie ein Schildbürgerstreich vorkommen.
Wie in so vielen Punkten schafft es die Stadt Mönchengladbach auch hier, Entscheidungen an der Meinung vieler Bürger vorbei zu treffen. Generationen von Gladbachern lieben das alte Stadttheater, haben als Kinder dort mit ihren Eltern die jährliche Aufführung des Weihnachtsmärchens genossen, erinnern sich nur zu gut an den roten Samt der Plüschsitze und den Duft von Staub, Holz und Theaterschminke. Wer hat nicht die ausgefallenen Glühbirnen in den Kugellampen gezählt?
Ganz abgesehen von allen romantischen Anwandlungen: Die Lage des alten Theaters, mitten in der Stadt, leicht erreichbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln und für die meist ältere Klientel, die städtebauliche Relevanz des markanten Bauwerks aus der Wirtschaftswunderzeit – ein Relikt an ein blühendes Mönchengladbach – hätten eine Stilllegung nie zulassen dürfen. Eine Sanierung, die im Verhältnis zu den Kosten für die Renovierung der Stadthalle Rheydt und der Errichtung des – jetzt kostenintensiv leer stehenden „TIN“ (Theater im Nordpark) als Behelfslösung – eine wirtschaftlich durchaus vertretbare Alternative hätte darstellen können, wurde von Beginn an mehr oder weniger ausgeschlossen.
Natürlich stellt sich hier die Frage, ob eine hoch verschuldete Stadt wie Mönchengladbach, mit einer überdurchschnittlichen Arbeitslosenquote, einem großen Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund, dies Theater braucht. Aber fehlt nicht genau so die Klientel für das geplante Einkaufszentrum? Wie gesichts- und geschichtslos soll unsere Stadt noch werden?
Eines steht fest: Auch wenn in einem Jahr das alte Stadttheater verschwunden sein wird, es wird weiter existieren in den Erinnerungen vieler Mönchengladbacher, genau so wie das Bewusstsein, dass kommunalpolitische Entscheidungen immer häufiger an der Meinung der Bevölkerung vorbei gefällt werden.
Moritz Bähmer, Mänchengladbach, Rudolf-Steiner-Schule