Müssen wir uns vom G8 schon wieder verabschieden? – Abi nach 12 Jahren – Stress pur?

Seit ein paar Jahren haben alle deutschen Bundesländer das sogenannte G8-System eingeführt. Dies bedeutet, dass die Schüler bereits nach acht Jahren ihr Abitur machen können.

Lediglich in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen besteht auf einigen Ganztags- und Gesamtschulen die Möglichkeit des alten G9-Systems. Dies bedeutet, dass die Schüler in der Regel erst nach dem dreizehnten Schuljahr die Abiturprüfungen ablegen können. Die Kürzung der Schulzeit auf den Gymnasien betrifft vornehmlich die Mittelstufe (Klasse 7, 8 und 9) und zum Teil auch die Unterstufe (Klasse 5 und 6). Die durchschnittliche Stundenzahl beträgt heute 33 Stunden pro Woche, wohingegen im alten G9-System gewöhnlich nur 30 Wochenstunden absolviert wurden. Diese Angaben gelten jedoch nur für Gymnasien mit 45-Minuten-Einteilung der Unterrichtsstunden. Die Erhöhung der Stundenzahl beruht darauf, dass im G8-System nahezu derselbe Unterrichtsstoff nun in verkürzter Zeit vermittelt werden muss. Zudem werden von den Lehrern mehr Hausaufgaben aufgegeben, um auch so die verkürzte Zeit auszugleichen. Schüler und Eltern bestätigen, dass beide Entwicklungen zu einer Erhöhung des Schulstresses geführt haben.
Die Meinungen über G8 gehen nun deutlich auseinander. Viele Politiker und auch Lehrer wollen dieses System beibehalten, da sich die Gymnasien in Deutschland nicht schon wieder umstellen können. Weitere wichtige Gründe entstammen der Situation am Arbeitsmarkt. Die Industrie wünscht sich mehr junge und gut ausgebildete Berufseinsteiger, um dem Konkurrenzdruck aus dem Ausland standzuhalten, da in anderen Ländern in der Regel die Schulausbildung nach spätestens 12 Jahren beendet ist. Ein früherer Einstieg in das Berufsleben verlängert auch die Lebensarbeitszeit und entlastet somit die Sozialkassen.
Auf der anderen Seite wird zunehmend heftige Kritik von Seiten der Schüler und auch der Eltern ausgeübt. Viele Gymnasiasten müssen ihre Freizeitaktivitäten kürzen und im schlimmsten Fall ganz aufgeben, da sie sonst die Anforderungen der Schule nicht erfüllen können. Die Erhöhung der Stundenzahl führt dazu, dass viele Schüler erst abends nach Hause kommen und dann oftmals zu müde und unkonzentriert sind, um Hausaufgaben zu erledigen oder für bevorstehende Klassenarbeiten lernen zu können. Dies geht zum Teil so weit, dass Schüler physisch und psychisch erkranken.
Problematisch wurde es auch für die Abiturjahrgänge in den Jahren 2011 bis 2013. Die Überlappung von G8 und G9 Abiturienten führte zu überfüllten Universitäten und hohem Konkurrenzdruck auf dem Ausbildungsmarkt.
Als Lösung gegen den Schulstress wurde von einigen Politikern die Schule am Samstag vorgeschlagen, was jedoch von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GWE) als „familienfeindlicher Unsinn“ bezeichnet wurde. Dies würde die Belastung der Schüler und Familien nur noch weiter verschärfen und Freizeitaktivitäten nahezu unmöglich machen.
Die Unzufriedenheit bei Schülern und Eltern ist mittlerweile in der Politik angekommen. In Hessen und Schleswig-Holstein gibt es aktuell bereits Überlegungen, das G9 wieder einzuführen.

Thilo Stappen, 8d, Franz-Meyers-Gymnasium, Mänchengladbach