Züge, Mauern, Hauswände – kaum eine Oberfläche des öffentlichen Raums bleibt heute noch von ihnen verschont: Seit den späten 1970er-Jahren beherrschen Graffitis das Bild vieler Großstädte. Mittlerweile bleiben auch kleinere Orte nicht von den oftmals als „Schmierereien“ bezeichneten Bildern verschont. Was unter Jugendlichen lange Zeit als Ausdrucksform, als Rebellion galt und von vielen Erwachsenen verabscheut wurde, hat sich innerhalb von zwei Jahrzehnten zu einer regelrechten Kunst entwickelt.
Spätestens seitdem Keith Haring mit seiner modernen Kunst in Erscheinung trat, wurde aus dem Vandalismus mehr als nur ein Trend. Wer heute durch die Straßen von Großstädten überall auf der Welt streift, wird entdecken, dass hinter den Graffitis auch teilweise eine politische oder religiöse Nachricht stecken kann. Und die bunten Malereien von früher sind mittlerweile zu künstlerischen Werken geworden.
Heute existieren in der Szene verschiedenste Arten von Graffitis. Bei der sogenannten „Streetart“ werden häufig Sticker, Plakate oder sogar Installationen mit Bildern im öffentlichen Raum angebracht. Das mag für manche Personen immer noch nicht viel mit Kunst zu tun haben, aber wer genauer hinschaut, erkennt, dass der „Künstler“ oft mehr als nur Vandalismus im Sinn hat.
Selbst politische Graffitis sind heutzutage populär und verbinden mit der gestalterischen Kunst eine Nachricht, die Missstände oder politische Entscheidungen anprangern. Und auch die Wandmalereien von früher haben sich verändert: Heute stehen die Gestaltung und die Individualität des Künstlers öfter im Vordergrund. Während es früher beim Besprühen von Wänden weniger um Kreativität ging, sind heutige Graffitis meist auch eine Form von moderner, städtischer Kunst.
Erstaunlicherweise gehen die Meinungen zu Graffitis nicht sehr weit auseinander. Bei einer Befragung unter Jugendlichen und Erwachsenen zeigte sich, dass die meisten befragten Personen Graffitis akzeptieren, sofern sie nicht bloße Schmierereien sind. Alle gaben auch an, dass sie schöne Graffitis gesehen hätten. Solange nicht Hauswände besprüht würden, sähen sie keinen Nachteil in den Graffitis. Allerdings waren auch einige Befragte der Meinung, dass den Künstlern im öffentlichen Raum Wände oder Flächen zur Verfügung gestellt werden sollten, auf denen sie legal ihre Werke malen könnten. Die Umfrage ergab, dass Graffitis immer mehr als moderne Kunst angesehen werden und längst nicht mehr bloß als Sachbeschädigung gelten. Jedoch sollte man seine eigenen Ideen verarbeiten und keine Kopien malen, damit jedes Graffiti etwas Besonderes darstellt.
Doch wie viel Zukunft haben Graffitis? Einerseits werden sie immer mehr zu Kunstobjekten (es gibt mittlerweile sogar Streetart-Austellungen und eigene Wettbewerbe), aber Tatsache ist, dass das Anbringen eines Graffiti auf öffentlichen Flächen und Gebäuden eine Straftat ist, die Geldstrafen nach sich zieht. Und für die Entfernung von Graffitis werden jedes Jahr große Mengen an Steuergeldern ausgegeben.
Und für die Entfernung von Graffitis werden jedes Jahr große Mengen an Steuergeldern ausgegeben. Vielleicht wäre es sinnvoll, wie von den Befragten vorgeschlagen, Kurse anzubieten, in denen erfahrene Künstler Interessierten die Möglichkeit bieten, eigene Graffitis zu gestalten. Es ist schließlich nicht unüblich, dass Graffitis auch im Auftrag gemalt werden, wie die Werke eines Künstlers am Leichlinger Bahnhof zeigen. Wenn es die Möglichkeit gäbe, legale Graffitis auf bereitgestellte Wände zu sprühen und in Verbindung mit einem Wettbewerb einen Preis zu gewinnen, hätten Jugendliche in den Städten die Möglichkeit, selbst kreativ zu sein und müssten nicht durch Gewalt und Kriminalität auffällig werden. Am Ende steckt hinter der bunten Wandmalerei vielleicht doch ein anderer Sinn, als nur die Sachbeschädigung.
Kimberly Maasz, Leverkusen, Marienschule