Modelwahn – Knochenjob als lebendiger Kleiderständer

„Mode ist sehr wichtig. Sie macht das Leben schöner und ist jede Mühe wert – wie alles, was Freude bereitet.“ (Vivienne Westwood)

Doch was ist an dem Zitat von der englischen Modeschöpferin Vivienne Westwood wirklich dran? Ohne Zweifel ist Mode für viele Menschen ein wichtiger Bestandteil des Lebens geworden. Es werden Fashion-Shows organisiert, auf denen die Designer ihre neuesten Kollektionen vorstellen. Anschließend werden diese in verschiedenen Modezeitschriften abgedruckt und verbreitet. Die Modebranche bietet vielen Menschen die Möglichkeit, oder die Illusion, Geld zu verdienen. Allen voran den zehntausenden jungen Mädchen – den Models. Viel denken jetzt an Namen wie Claudia Schiffer, Julia Stegner oder Heidi Klum.

Doch das sind Ausnahmen. Das Leid der unbekannten Models bleibt versteckt hinter den Kulissen der riesigen Beauty-Industrie. Die Models sind die Jüngsten und Schwächsten dieser Branche und viele machen sich ihre Unwissenheit zum Vorteil. Sie werden nicht nur finanziell, sondern auch emotional ausgenutzt. Viele fühlen sich wie Einwegartikel. „Man ist beliebig ersetzbar“, so Sara Ziff, ein bekanntes US- Model und eine der wenigen, die offen über ihr Leben als Model spricht. Doch auch sie hat in der Glamour-Welt viele unangenehme Dinge erlebt. „Die Leute in dieser Branche schauen nicht auf dich als Mensch, sie wollen nur das Bild von dir.“

Viele fühlen sich jedoch für das Leid der Mädchen nicht verantwortlich. Karl Lagerfeld, Modedesigner des Labels Chanel, meint in einem Interview: „Die Anziehungskraft dieses Berufes, das ist gefährliches Feuer. Da gibt es Fliegen, die von diesem Licht angezogen werden und die sich vielleicht auch verbrennen. Aber das wissen wir nicht, weil wir damit gar nichts zu tun haben.“ So gibt es viele, die einfach wegschauen und die oft erst 13- oder 14-jährigen Models wie lebendige Kleiderständer behandeln. Der Konkurrenzdruck der Mädchen steigt dabei weiter an. „Man wird auf das Aussehen reduziert“, sagt Julia Stegner. Sie ist zurzeit eines der begehrtesten deutschen Top-Models. Das ist vielleicht der Grund, warum sie nicht wie viele der Mädchen in den Magerwahn verfällt.

Vivienne Westwood sagt, dass die Mode jede Mühe wert sei, doch viele Mädchen nehmen diese Worte sehr ernst. Sie hungern sich zu Tode, nur weil sie glauben, dadurch aufzufallen und zu gefallen. Eines der wohl berühmtesten Beispiele war das französische Magermodel Isabelle Caro. Sie war das Gesicht der Anorexie- Kampagne No-l-ita. Der Tiefpunkt ihrer Krankheit war der Höhepunkt ihrer Karriere. Das hieße für sie jedoch, nur wenn sie magersüchtig bliebe, würde sie weiterhin für die Medien interessant bleiben. Deshalb hungerte sie weiter. Am 17. November 2010 starb Isabelle Caro in einem Pariser Krankenhaus. Ihr Vater, Christian Caro, erhebt schwere Vorwürfe gegen die ganze Modewelt und hofft, dass der Tod seiner Tochter das Leid vieler Models wieder in das Bewusstsein der Menschen rückt und es nachhaltig verändert.

Paula Reuber, Kleve, Konrad-Adenauer-Gymnasium