Interview – Zu viele Tiere, die niemand haben will

Hückelhoven (SLZ) Seit Jahren steigt die Anzahl der Tiere im Tierheim Heinsberg und in dessen Pflegestellen nur noch an. Viele Tiere will leider wegen bleibender Verletzungen oder wegen regelmäßig einzunehmender Medizin keiner haben, und sie müssen ihr Leben im Tierheim verbringen. Das geht von Katzen mit chronischem Schnupfen bis zu dreibeinigen Hunden und noch viel weiter.

Bei einer Pflegestelle in Ratheim leben bis zu 30 Katzen. Einige davon haben Angst vor Artgenossen oder hassen diese und sind daher schwer zu vermitteln. Andere haben einen Bauchnabelbruch oder nur ein Auge, auch diese Tiere sind nicht leicht zu vermitteln, obwohl diese Verletzungen das Tier selbst nicht stören.

Eine Katze mit nur einem Auge ist vielleicht nicht so schön wie eine mit zwei Augen, aber sie hat dieselbe Lebensfreude. Ich habe die Leiterin dieser Pflegestelle, Anke M., interviewt und Vieles in Erfahrung gebracht.

Alisha: Was ist das Schlimmste, was Sie in Ihrer bisherigen Zeit als Pflegestelle gesehen haben?

Anke M.: Das Schlimmste, was ich je gesehen habe, war ein Kater, Louis, der den ganzen Rücken voller eitriger Abszesse hatte. Ich brachte ihn immer wieder zum Tierarzt, damit neue Wunden genäht werden.

Alisha: Ist Louis schon vermittelt oder ist er noch bei Ihnen?

Anke M.: Leider ist Louis noch immer bei mir, was für mich unverständlich ist, denn er ist ein so liebenswertes Tier. Und er hat auch schon lange keine Abszesse mehr.

Alisha: Was ist denn das Schönste an Ihrem Job?

Anke M.: Das Schönste und Beste ist immer, die Tiere in ein neues, schönes Zuhause zu geben.

Alisha: Es gibt viele Leute, die ihre Tiere aussetzen, wenn sie sie nicht mehr haben wollen oder können. Was halten Sie davon?

Anke M.: Ich finde das einfach nur feige! Wenn man ein Tier nicht mehr haben will oder kann, dann sollte man ihm wenigstens ein neues Zuhause gönnen und es nicht auf der Straße verhungern oder überfahren lassen.

Alisha: Sie erhalten doch sicher viele Fundtiere. Was passiert mit ihnen?

Anke M.: Zuerst kommen die Tiere natürlich zum Tierarzt, wo sie gründlich untersucht werden. Danach werden sie entweder in die Quarantäne im Tierheim oder zu einer Pflegestelle gebracht, wo sie dann, getrennt von den anderen Tieren, mit Flohmittel und Wurmkur behandelt werden. Sind keine Flöhe, Würmer oder ansteckende Krankheiten mehr zu erkennen, dürfen sie mit den anderen im Haus herumrennen.

Alisha: Sie meinen damit, dass die Katzen in Ihrem ganzen Haus herumlaufen, verstehe ich das richtig? Und ist das nicht manchmal lästig?

Anke M.: Ja, die Katzen laufen, bis auf ein paar einzelne Zimmer, im ganzen Haus herum, was natürlich manchmal lästig ist, aber meine Familie und ich haben uns dafür entschieden, diesen Tieren vorerst ein Zuhause zu bieten und daher überstehen wir auch kleine Krisen.

Alisha: Kommt es oft vor, dass die gefundenen Katzen trächtige Weibchen sind?

Anke M.: Ja, das kommt sehr häufig vor. Und da die Katzenmütter, wenn sie geworfen haben, meist aufgrund des Schutzinstinktes auf jedes Tier, was ihren Jungen zu nahhe kommt, losgehen, müssen meist meine Töchter für eine Weile ihr Zimmer mit einer Katzenfamilie teilen.

Alisha: Bekommen Sie auch Tiere, die niemand oder nur eine Person anfassen kann?

Anke M.: Ja, sogar sehr oft, denn wenn Katzen eine Zeit lang wild gelebt haben oder schlecht behandelt wurden, haben sie meist Angst vor Menschen. Bei manchen wird diese Angst mit der Zeit weniger, aber eben nicht bei allen. Ich hatte sogar mal eine Katze mit Jungen, die ist auf Alles und Jeden losgegangen, nur auf eine meiner Töchter nicht, scheinbar weil sie wusste, dass sie im Zimmer meiner Tochter wohnt, so musste sie sich dann um die Katzenmutter und die Jungen kümmern und mir Bescheid geben, wenn etwas nicht in Ordnung war.

Alisha: Was tun Sie, wenn eine solche Katze zum Tierarzt muss?

Anke M.: Wenn nur eine Person die Katze anfassen kann, wird das Tier von ihr in die Transportbox gesetzt und ansonsten bekommt das Tier Beruhigungsmittel, damit man es anfassen kann, das macht es auch für die Katze einfacher und weniger stressig.

Alisha: Behalten Sie auch selbst Katzen?

Anke M.: Natürlich! Wenn es nach meinen Kindern gehen würde, würden wir fast jede Katze behalten, aber manchmal muss dann doch Abschied genommen werden.

Alisha: Wie viele eigene Katzen besitzen sie denn?

Anke M.: Meine eigenen sind bloß drei. Zwei davon sind aus dem Tierheim übernommen und die dritte ist von einer Dame, die sie gefunden hat, aber leider nicht behalten konnte.

Alisha: Zum Schluss noch eine Frage: Das ganze Katzenfutter und Spielzeug kostet doch bestimmt eine Menge Geld. Wie bezahlen Sie das?

Anke M.: Den Großteil bezahle ich nur im Voraus und bekomme das Geld dann vom Tierheim zurück, aber wir bekommen auch Futter und Katzenstreu vom Tierheim.

Alisha: Vielen Dank für das Interview!

Alisha Merz, Hückelhoven, Städt. Gymnasium Hückelhoven