Welcher Reiter träumt nicht davon, dass sein Pferd auf einen bloßen Blick reagiert? Dass es rückwärts geht, wenn man nur den Finger leicht bewegt? Auch wenn man es kaum glauben mag, jeder kann dies mit seinem Pferd erreichen.
Pat Parelli, ein Horseman aus Amerika, fing schon früh damit an, sich die Frage zu stellen, wie man auf eine natürliche Art und Weise mit Pferden umgehen kann. Er griff das Natural Horsemanship auf, das schon seit vielen Jahren existiert und überarbeitete es. Unter Natural Horsemanship versteht man den natürlichen Umgang mit dem Pferd. Man probiert, so mit Pferden umzugehen, wie sie auch gegenseitig mit sich umgehen. Das Ziel ist, dass das Pferd seinen Reiter mit Respekt behandelt und ihn als sein Leittier ansieht.
Das mag sich alles sehr kompliziert anhören und nur schaffbar für den, der Tag und Nacht mit Pferden arbeitet, doch das ist es nicht. Jeder kann den natürlichen Umgang mit dem Pferd erlernen. Oft gibt es Missverstände zwischen Pferd und Reiter. Das mag auch daran liegen, dass sich viele Reiter noch nie über die natürlichen Grundsätze in der Pferd-Mensch-Beziehung Gedanken gemacht haben. Von Natur aus ist das Pferd ein Fluchttier, der Mensch hingegen ein Raubtier. Es liegt auf der Hand, dass Pferde also eine ganz andere Denkweise haben als Menschen. Deshalb kommt es auch oft zu Missverständnissen zwischen Pferd und Mensch.
Nehmen wir ein Beispiel, das dies noch einmal verdeutlicht. Ein Raubtier und ein Fluchttier haben beide Durst und wollen beide zur Wasserquelle. Das Raubtier, das in direkten Wegen denkt und keine Gefahr wittert, geht auf direktem Weg zum Wasser. Das Fluchttier, das immer und überall Gefahr wittert, schaut sich um, schnuppert und wagt erst einen Schritt, wenn es sich ganz sicher ist. Trotz dieser verschiedenen Denkweisen kann man ein funktionierendes Kommunikationssystem aufbauen. Pat Parelli entwickelte daher eine Methode, es auch mit den natürlichen Gegensätzen zu schaffen.
Die ersten Schritte im Aufbau des Kommunikationssystems macht man vom Boden aus, indem man mit dem Pferd „spielt“. Erst wenn man ein am Boden respektvolles Pferd hat, sollte man, laut der Parelli-Methode, anfangen zu reiten.
Aber wann ist ein Pferd respektvoll? Viele Menschen erreichen, dass ihr Pferd brav ist, aber nicht, dass es respektvoll ist. Ein braves Pferd ist an die Gegenwart von Menschen gewöhnt und erduldet, was man mit ihm macht. Ein respektvolles Pferd achtet auf jede Bewegung seines Reiters.
Der Kommunikationsaufbau zweier solcher Individuen, Mensch und Pferd, ist nicht immer einfach und erfordert viel Geduld. Allerdings kann man sagen, dass sich diese Arbeit völlig lohnt, wenn man sich das Ergebnis vor Augen hält: Ein Pferd, das seinem Reiter vollkommen vertraut, ihn vollkommen respektiert, ihm überallhin folgen würde und alles für ihn tun würde.
Fabienne Bauer, Geldern, Lise-Meitner-Gymnasium