Sind Interviews wirklich immer mit einem klopfenden Herz und leicht schwitzigen Händen verbunden? Sollte nicht eigentlich der Befragte eher nervös sein und nicht der Fragesteller? Diese Fragen beschäftigten mich im Augenblick des Interviews noch mehr, als die Fragen, die ich mir für mein Interview mit Achim ausgedacht hatte, für das erste Interview meines Lebens, das allererste!
Ob Achim vorher schon einmal interviewt wurde, weiß ich nicht. Diese Frage habe ich vergessen zu stellen. Er wirkte jedenfalls absolut cool. So cool wie er wirkt, wenn er mir den Ball genau auf die Grundlinie des Platzes spielt. Achim ist nämlich mein absoluter Lieblingstennistrainer. Nun ja, genau genommen ist er auch mein einziger. Aber vor ihm hatte ich Klaus. Klaus war die Oberflasche: Lustlos, belanglos und leider auch erfolglos. Achim ist da ganz anders. Deshalb habe ich ihn mir als Interviewpartner ausgesucht.
Doch was frage ich ausgerechnet einen Tennistrainer?! Spielst du lieber mit gelben oder mit bunten Bällen? Wie viele Bälle sind in deinem Korb? Spielst du die Vorhand lieber cross oder longline? Bei solchen Fragen würden Achim und ich und wohl auch die Leser sofort schläfrig werden. Könnte es die Leser vielleicht interessieren, wer Achims Lieblingstennisspieler ist? Probieren wir es mal. Ich schalte das erste Mal das Diktiergerät an und stelle Achim, der mich auf eine Cola in das Restaurant der Tennishalle eingeladen hat, meine erste Frage. Die Antwort ist präzise: „Roger Federer. Ich finde die Art und Weise wie er spielt unfassbar. Der hat so viele Tricks drauf. Technisch ist er super. Großer Sportler. Respekt!“ Na, das war ja schon eine wertvolle Information.
Das Interview läuft. Der Interviewer wird ruhiger und seine Hände trockener. So kann das Interview weitergehen. Jetzt kann ich mich mit meinen Fragen mal etwas weiter vortasten. „Warum bist du Tennistrainer geworden?“ Ok, zugeben, auch das ist keine Brüllerfrage, aber irgendwie müssen wir ja weitermachen. Achim berichtet, dass er mit 16 Jahren schon Trainerstunden gegeben hat, um neben der Schule ein wenig Geld zu verdienen. Außerdem hat er mit dem Geld der Trainerstunden sein Studium bezahlt und sich dann, als er mit dem Studium fertig war, für seine Leidenschaft, das Tennis entschieden. Mit meiner nächsten Frage wage ich mich etwas weiter ran. Ich frage ihn, ob dies seiner Meinung nach die richtige Entscheidung war. Damit habe ich einen kleinen Volltreffer gelandet: „Wenn ich jetzt so gucke, dass ich hier jetzt schon interviewt werde, dann muss ich sagen, das war eine richtige Entscheidung!“ Mein Interviewpartner ist „happy“und ich hab mein Interview im Griff.
So könnte das noch endlos weitergehen, aber dann würden wir irgendwann wohl oder übel doch noch über die farblichen Vorlieben und die Anzahl der Bälle im Korb sprechen müssen. Das will ich aber weder mir noch Achim noch den RP-Lesern zumuten. Deshalb beende ich das Interview jetzt lieber mit einem Schlag hinter die Auslinie.
Moritz Hauschild, Düsseldorf, Erzb. St. Ursula-Gymnasium