Wir hatten der Englandfahrt entgegengefiebert und die Sekunden gezählt. Wir hatten die wildesten Pläne geschmiedet. Dann waren wir endlich da. Unsere sechsstündige Reise endete auf einem staubigen Parkplatz neben einem Fish-’n‘-Chips-Imbiss, in Whitstable.
Diese Kleinstadt am Meer mit ihren 30.000 Einwohnern sollte nun für fünf Tage unsere Heimat werden. Vom Meer her wehte eine kühle Brise. Als unsere Gastmutter mit ihrem schwarzen Porsche Cayenne auf den Parkplatz bog, freuten wir uns auf fünf Tage in einem völlig neuen Umfeld. Im Haus der Gastfamilie, Familie Smith*, roch es nach Geschirrspüler und die ganze Wohnung war mit flauschigem Teppichboden ausgelegt.
Morgens und abends gab es Essen für uns in einem kleinen Esszimmer. Doch entsprach das Essen bei weitem nicht dem, was wir von zu Hause gewohnt waren. Statt nahrhafter deutscher Kost zum Mittag oder zum Abend, gab es Frikadellen mit undefinierbarem Inhalt oder zerkochten Curry-Reis und morgens wurden gezuckerte Cornflakes mit Milch sowie ein Schokobrötchen für jeden gereicht. Obwohl sich wohl der größte Teil der Briten so ernährt, sind die Zahlen der Übergewichtigen in England deutlich niedriger als in Deutschland. Wie das funktioniert, ist eines der Geheimnisse die wir in der Zeit unseres Aufenthaltes nicht ergründen konnten.
Auch das Brot in England ist nicht zu vergleichen mit unser deutschen Brotvielfalt. Es schien so, als würde nur das eine laffe Weißbrot existieren, welches uns auch bei jeder Möglichkeit mitgegeben wurde.
Die Spitze des Vergnügens war jedoch ein roter Saft. Er schmeckte nach Kirsche und war unglaublich süß.
Mathis mutmaßte bereits nah der ersten Verkostung: “Der ist wahrscheinlich künstlich, aber was soll’s.“ Damit hatte er recht. Doch sollten auch die positiven Aspekte unseres Aufenthaltes genannt werden.
Die gesamte Gastfamilie gab sich in besonderem Maße Mühe mit uns, und auch wir hatten unseren Spaß auf der Cornwall Road 85. Besonders natürlich waren die Ausflüge nach London, wo wir M&M’s shoppten oder Broadstairs, wo uns ein singender Opa belustigte. Zwar war Niklas Internetflat bereits nach zwei Tagen aufgebraucht und der Gastvater weigerte sich mit den Worten “Yes, we have WIFI, but not for you“, ihm das WLAN-Passwort auszuhändigen. Doch wofür haben denn alle um einen herum ein internetfähiges Smartphone?
Der absolute Höhepunkt der Englandfahrt ’14 jedoch war die “Bell* Horror Show“. An einem Morgen entdeckten wir eine Möwe, deren linker Flügel mehrfach gebrochen war und die nun stark zu leiden schien. Mit einigen gekonnten Schlägen mittels einer Eisenstange auf den Schädel der Möwe tötete Herr Bell* das leidende Tier. Seine Souveränität dabei war bewundernswert.
Bewundernswert war auch das “unbreakable“ Gastkaninchen von Tim und Marc. Doch das ist eine andere Geschichte.
*: Namen vom Autor geändert.
Justus Andre Jansen, 8e, Michael-Ende-Gymnasium Tänisvorst