Kennen Sie das auch: Am Ende einer Ära frage ich mich immer, war er jetzt eigentlich einer von den Guten oder war er doch einer von den Bösen?
Unbeliebt ist er ja inzwischen, der ehemalige Hoffnungsträger Italiens. Und das trotz erfolgreicher Lösung einiger Schwierigkeiten, an denen sich seine Vorgänger die Zähne ausgebissen haben, wie zum Beispiel das Müllproblem in Neapel. – Na ja, Unkenrufe gibt es ja immer!
Oder die schnelle provisorische Hilfe für die Erdbebenopfer in den Abruzzen. Binnen weniger Tage wurde doch vor Ort eine ganze Zeltstadt errichtet. Hoch lebe der Presidente! Als dann aber nach zwei Wochen immer noch keine neue „Metropole“ aus dem Boden gestampft war, wurde erste Kritik laut: Man könne doch nicht ewig in Zelten hausen! Schlamperei! Verrat! Vendetta!
Aber muss man der Regierung hier wirklich eine lange Leitung vorwerfen oder erwartet man nicht doch zu viel von der schier Wunder vollbringenden Hand des Staates? Ist die Hilfe von Vater Staat, also von der Allgemeinheit mit Ihren Steuergeldern, selbstverständlich geworden?
Sicher sollte den armen Leuten geholfen werden, aber in diesem Affenzahn? – Da hatte der Presidente mit seiner Aufforderung, das ganze doch einfach wie einen verlängerten Campingurlaub zu betrachten, eine erfrischend-natürliche und passende Antwort für allzu ungeduldige Gemüter auf Lager.
Doch ‚oh weih‘ , war er da etwa zu weit gegangen? „Ja, Unverschämtheit!“, sagte ein Großteil der Bevölkerung. – Ab da war Silvio Berlusconi der Mann, der alle armen, traumatisierten Erdbebenopfer zum Campingurlaub auf ewig verdammte. Weg mit ihm! Genau! Vendetta!
Aber wirklich in die Kritik geraten war der heute 75-jährige erst in der aktuellen Finanzkrise. Apropos, wie konnte es dazu überhaupt kommen? – Als Sohn eines Bankers wurde ihm die Finanzpolitik doch quasi in die Wiege gelegt? – In der Tat kann ihm der Unterschied zwischen roten und schwarzen Zahlen bei einem Privatvermögen von circa 5,76 Milliarden Euro nicht völlig fremd gewesen sein. – Vielleicht hat Silvio Berlusconi sein Hobby ‚Politik‘ auch einfach nicht ernst genug genommen. Zitat: „[… ]in meiner Freizeit gebe ich den Ministerpräsidenten […]“.
Warum hat dieser Mann sich bis ins hohe Alter geschunden? – Existenznöte waren sicher nicht der Grund und mit der 35-Stunden-Woche wird er bei diesem Job wohl auch nicht ausgekommen sein. – Wolllte er seine herausragenden unternehmerischen Fähigkeiten dem Vaterland zur Verfügung stellen? – Aus Patriotismus, wie er selbst behauptet? – Oder wollte er sich nur unter dem Deckmäntelchen der Immunität vor juristischer Verfolgung schützen, wie seine Feinde behaupten? Dazu passt aber nicht dieser kampflose Rückzug jetzt.
Was denn nun? Berlusconi: gut oder böse? … Offen gesagt, … ich weiß es nicht. Überlassen wir die Entscheidung doch seinem Gewissen! – Doch, oh Gott, was, wenn er gar kein Gewissen hat? – Überlassen wir’s Jupiter…
Franz Janßen, Mänchengladbach, Stift.-Hum.-Gymnasium