Neue Studien räumen mit alten Vorurteilen auf – Lesen nur Spießer?

Seitdem unsere Welt multimedialer geworden ist, hört man immer wieder: „Die Jugend von heute liest nicht mehr.“ Aber ist Lesen wirklich out?

„Nein!“, sagte fast die Hälfte der 1200 im Zuge der repräsentativen JIM-Studie 2011 („Jugend, Infomation, (Multi-Media 2011“, vor kurzem vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest herausgegeben) befragten 12- bis 19-Jährigen. Lesen sei durchaus beliebt. Die Studie ergab, dass 44 % der jungen Leute regelmäßig Bücher lesen, und 42 % sogar täglich zur Tageszeitung greifen.

Es lesen also nicht nur Spießer! Warum hält sich diese Behauptung dann so hartnäckig?

Hauptkritikpunkt der Lese-Atheisten: „Print-Medien sind alt!“. Das stimmt sogar, wenn man bedenkt, dass es die ersten Bücher schon vor über 4000 Jahren gab. Zwar wurde damals noch auf Papyrus und Pergament geschrieben, aber auch der „moderne“ Buchdruck auf Papier wurde schon Mitte des 16. Jahrhunderts erfunden.

Das Wort „Buch“ selbst kommt aus dem Althochdeutschen und steht für die Buchenholzplatten, auf denen man hierzulande vor Erfindung des Papiers Texte schrieb.

„Wird Lesen zeitgemäßer, wenn man das alles durch ein modernes LCD-Display ersetzt?“, fragte sich die Industrie. Tatsächlich werden seit einigen Jahren die sogenannten E-Books angeboten. Laut JIM werden sie jedoch nur von einem Prozent der Befragten genutzt.

Bücher sind also wandlungsfähig und lassen sich durchaus in die heutige Technikwelt integrieren.

Wie kommt es dann, dass 56% nicht oder nur selten lesen? Die Universität Osnabrück (Blog vom 6.12. 2009) hat herausgefunden, dass die Leselust von verschiedenen Faktoren abhängt. Danach werden schon im Kleinkindalter die ersten Grundsteine für die Lesefreude gelegt, indem den Kleinen zum Beispiel vorgelesen wird oder wenn sie ihre Vorbilder, also Eltern und größere Geschwister lesen sehen. Schullektüren hingegen wirken sich oft negativ auf das Leseverhalten aus, weil das jeweilige Buch vorgegeben wird und nur die wenigsten interessiert. Weiter spielt auch die Übung der Lesefähigkeit eine große Rolle.

Hinter dem Wunsch zu lesen, steht meist der Wille, sich weiterzubilden. Im Umkehrschluss lernen Leseratten leichter.

Das ist mit ein Grund, warum Lesen von den Kommunen gefördert wird. Um insbesondere Jugendliche zu erreichen, hat die Stadtbibliothek Mönchengladbach ihre Freestyle-Abteilung (Jugendbibliothek) vergrößert. Auch Wettbewerbe, wie der Sommerleseclub, bei denen es darum geht, in einer vorgegebenen Zeit möglichst viel zu lesen, werden organisiert.

Diese Leseförderung scheint Früchte zu tragen, denn inzwischen lesen laut JIM etwa sechs Prozent mehr Jugendliche als vor rund zehn Jahren.

Lesen sei out, ist also eine leere Behauptung der Vergangenheit.

Franz Janßen, Mänchengladbach, Stift.-Hum.-Gymnasium