Ich steige aus dem Auto aus und sehe mich um. Vor mir: Das UCI-Kino in Düsseldorf, wie es schon bei jedem meiner Besuche ausgesehen hatte. Groß, verglast, mit den neusten Filmplakaten an der Fassade. Aber heute besuche ich mit meiner Freundin Julia keine angesagte Komödie, nicht den neusten Film mit George Clooney, sondern einen Film der sich ein ernstes Thema auf die Fahne geschrieben hat: Aids.
Verpackt in eine Liebesgeschichte, die von der wahren Geschichte Benjamin Prüfers und seiner HIV-positiven Frau Sreykeo inspiriert ist, zeigt angeblich sehr anschaulich und naiv die problematische Verbindung zweier sehr junger Menschen im Kampf um ein gesichertes Leben mit der Krankheit. Und das in einem Land wie Kambodscha, das asiatische Land mit den meisten HIV-Infektionen. Laut Unicef momentan circa 12.000.
Wir setzten uns in das kleinste der vorhandenen Kinos und lassen den Blick grinsend über die deutlich älteren Besucher schweifen. Mit unseren 15 Jahren sind wir hier wohl eindeutig die jüngsten. Mit Abstand.
Der Film beginnt, und der Blick wird frei auf eine karge, asiatisch anmutende Landschaft. Kambodscha. Kinder arbeiten auf staubigen Bauschuttbergen. Städte, die – wie in Asien üblich – extrem überfüllt aussehen, auf der anderen Seite: Land. Ein Elefant spaziert an einem „Achtung Mienen“-Schild vorbei.
Hier soll jemand freiwillig, kurz nach seinem Abitur, um eine junge Barfrau und deren Liebe gekämpft haben?
Natürlich ist nicht alles so romantisch, und der Film lässt einen manchmal ein wenig im Stich, trotzdem bleibt er uns im Gedächtnis.
Ist es nicht falsch, dass Leute in unserem Alter eine Rarität in solchen Kinovorstellungen sind? Allein in Kambodscha haben rund 100.000 Kinder durch Aids ihre Eltern verloren. Eine Zahl, die beeindruckend ist. Und doch ist das Thema „HIV in Schwellenländern“ schon mehr als aufgebraucht.
Ein Film wie der von Detlev Buck ist eigentlich ein idealer Weg, auch uns mal wieder „ein bisschen drüber nachdenken“ zu lassen. Die Presse lobt diesen Film nicht gerade in den Himmel. Zugegeben, so richtig überzeugt hat er uns auch eher durch die sehr beeindruckenden Bilder Kambodschas, die Kultur und Eindrücke.
Allerdings gehe ich trotz des Happy Ends mit rauchendem Kopf aus Kinosaal 9. Hätte ich in Bens Situation und in seinem Alter den Willen gehabt, diesen Kraftakt zu vollbringen? Einem Menschen durch halb Asien gute Medikamente zu besorgen? In Deutschland nur mit einem Praktikum auf der anderen Seite?
Ich weiß es nicht.
Aber sicher ist, dass HIV immer noch überall ist. Vielleicht wird es verdrängt. Oder nicht wirklich ernst genommen, wenn man im Bio-Unterricht mal wieder eine Broschüre in die Hand gedrückt bekommt. Aber ernst ist es. Mit der Erkenntnis gehen Julia und ich trotz allem nach Hause.
Lisa Borrenkott, Hilden, Priv.dietr.-Bonhoeffer-Gym.