Draußen strahlt die Sonne, doch er sieht nur das Flackern des Monitors. Die Unordnung wird durch die Dunkelheit verdeckt. Auf dem Schreibtisch stapeln sich Pizzaschachteln und eine Reihe von Colaflaschen. Virtuelle Todesschreie hallen durch das Zimmer. So stellen sich viele Menschen den Alltag von Jugendlichen vor. Stimmt das wirklich?
Es gibt genug Experten, die dagegen halten. So äußerte sich im Fernsehsender 3sat der Neurowissenschaftler und Psychologe Thorsten Fehr zu einer erst kürzlich veröffentlichten Studie über die Auswirkung bei realen und virtuellen Gewaltsituationen im Gehirn: „Die Diskussion ist hochgekocht in dem Bereich, Aggressionskonzepte aus der virtuellen Welt könnten sich auf die reale Welt übertragen. Wir müssen sagen, dass dieser Schluss aus diesen Daten heraus interpretiert nicht zulässig ist.“ Auch sagte er, dass man für Gewalt bei Jugendlichen nicht nur Killerspiele allein verantwortlich machen dürfe. Denn auch Filme oder sogar Bücher enthielten gefährdendes Material.
So genannte Killerspiele seien nicht alleine für Amokläufe und andere Straftaten verantwortlich. Andere Faktoren spielten eine viel größere Rolle, vor allem die Umgebung der Person. So hatten viele Amokläufer kaum Freunde, dafür allerdings große familiäre Probleme. Und eine gestörte Eltern-Kind-Beziehung ist für die Entwicklung des Jugendlichen viel eher problematisch als Killerspiele.
Trotzdem fordern viele Politiker weiterhin ein Killerspiel-Verbot.
Ein Kommentar vom bayerischen Innenminister Joachim Herrmann sorgte jedoch für große Kritik: „Killerspiele widersprechen dem Wertekonsens unserer auf einem friedlichen Miteinander beruhenden Gesellschaft und gehören geächtet. In ihren schädlichen Auswirkungen stehen sie auf einer Stufe mit Drogen und Kinderpornografie, deren Verbot zurecht niemand in Frage stellt.“
Weitere Gründe, warum er ein Verbot fordert: Das amerikanische Militär nutze angeblich Killerspiele in der Ausbildung, um die Hemmschwelle beim Töten zu senken. Aber das Gegenteil ist der Fall. Ein deutscher Hauptmann wies solche Theorien entschieden zurück: Man versuche vielmehr die Kommunikation der Soldaten zu trainieren oder Haltungsfehler beim Schießen ausfindig zu machen. Außerdem könne man Kampfsituationen, wie sie im Auslandseinsatz aufträten, nicht virtuell trainieren. Dies beweisen auch mehrere Studien.
Oftmals werden Killerspiele in den Medien aufgrund unzureichender Recherche verfälscht dargestellt. Plötzlich wird über die amerikanische unzensierte und nicht über die deutsche zensierte Version geredet. Andere sprechen über Modi, die nur von erfahrenen Benutzern freigeschaltet werden können und werden. So erscheinen die Spiele in der Öffentlichkeit als wesentlich schlimmer, als sie in Wirklichkeit sind.
Ich würde mir wünschen, dass die Politiker und Medien die „Hetzjagd“ auf solche Killerspiele beenden und wieder eine sachliche Diskussion führen.
Niko Molke, Wesel, Andreas-Vesalius-Gymnasium