Bei vielen Menschen ist es so, wenn man an Indien denkt, ist der erste Gedanke ein Traum aus 1000 und einer Nacht. Aber dem ist nicht immer so. Wie der Film Slumdog Milionaire deutlich gemacht hat, hat Indien nämlich auch noch eine ganz andere Seite.
Es gibt mehr als die imposanten Paläste, die wundervollen Basare, die Sonnenstrahlen, die die Häuserfassaden und Erker mit ihren geschwungenen Kuppeln in ein goldenes Licht tauchen oder die zahlreichen Schlangenbeschwörer. Das ist alles nur Fassade. Denn die Schlange, die sich rhythmisch zu den Flötenklängen ihres Beschwörers bewegt, ist in Wirklichkeit taub. Sie richtet sich nur nach den Bewegungen, die der Flötenspieler mit seiner Flöte macht. Und das ist nicht das Einzige was sich hinter dieser Fassade verbirgt.
In den Slums von Indien ist es ganz anders. Dort liegen Leben und Tod direkt nebeneinander. Zwischen notdürftigen Unterkünften, die teilweise schon nicht mehr lebenswürdig sind, Schmutz und Kriminalität, kämpfen die Kinder mit Krankheiten wie AIDS, Mangelernährung und haben fast ausschließlich verseuchtes Wasser zur Verfügung, was auch wieder ein Auslöser für Krankheiten ist.
Die Hälfte aller Kinder unter drei Jahren leidet stark an den Folgen der Mangelernährung. Sie sind zu klein für ihr Alter und Dreiviertel von ihnen haben Anämie. Dadurch, dass nur ein Drittel der Bevölkerung eine Toilette oder Latrine benutzen kann, gehören Infektionskrankheiten zur Tagesordnung. Allein an Durchfall sterben im Jahr 400.000 Kinder und an Infektionskrankheiten wie Masern und Tetanus mehr als zwei Millionen. Und das alles nur, weil diese Kinder keine Chance auf bessere Hygiene oder Impfungen zur Vorbeugung von Infektionen haben.
Auch eine Schulausbildung ist nichts Selbstverständliches in den Slums. Von 100 heute in Indien geborenen Kindern werden nur 25 die Grundschule erfolgreich abschließen. Viele Kinder müssen hart arbeiten, zum Beispiel in Steibrüchen oder der Teppichindustrie. Insgesamt gehen nur 20 % aller Indischen Kinder zwischen sechs und vierzehn Jahren zur Schule.
Millionen Mädchen werden komplett von der Schulbildung ausgeschlossen. In Metropolen wie Mumbai sind rund 17% der Frauen Analphabeten. In ländlichen Provinzen sind es sogar 54%. Frauen werden in Indien grundsätzlich nicht so behandelt, wie es ein sollte. So kommt es, dass viele Mütter ihr Kind abtreiben, wenn sie wissen das es ein Mädchen wird. Dadurch „fehlen” hundert tausende Mädchen.
In dem Film Slumdog Milionaire werden die Verhältnisse in Indien genau deutlich. Es geht um einen Jungen namens Jamal, auch ein Kind aus den Slums, der bei „Wer wird Millionär” viel Geld gewinnt. Er schafft es aus den Slums rauszukommen und wenn auch mit vielen Umwegen ein normales Leben mit seiner wiedergefundenen Liebe Latika zu beginnen. Vielleicht würden viele Kinder sich wünschen auch so ein Glück zu haben wie Jamal. Aber es ist eben ein Film und die Kinder in den Slums sind immer noch jede Minute der harten Realität ausgesetzt.
Laura Moshoevel, Wesel, Andreas-Vesalius-Gymnasium