Jeder kennt Glas. Spontan verbindet man damit: Wenn es fällt, zerbricht es. Aber wer kennt die im Volksmund „Glasknochenkrankheit“ genannte Erbkrankheit Osteogenesis imperfecta (OI)? Dies ist Lateinisch und bedeutet „unvollkommene Knochenentwicklung“.
In Deutschland, so schätzt man, sind etwa 5500 Menschen betroffen. Ihre Knochen können ohne erkennbaren Grund brechen. Es ist nicht nur eine Störung der Knochenbildung, sondern betrifft auch andere Gewebe im Körper, die in ihrem Aufbau Bindegewebe enthalten, etwa Haut, Sehnen, Bänder. Eines der Hauptbestandteile des Bindegewebes und der Knochen ist das Kollagen. Bei der OI handelt es sich um eine Störung des Kollagenstoffwechsels. Die Knochenstruktur ist porös und sieht auf einem Röntgenbild wolkig oder durchscheinend aus. Eben wie Glas.
Eine solche Struktur kann sich wie folgt auswirken: Verbiegungen der langen Röhrenknochen an Armen, Beinen und der Wirbelsäule, sowie Minderwuchs, blaue Skleren (das Weiße am äußeren Auge), Schwerhörigkeit, überstreckbare Gelenke, veränderter Zahnschmelz. Nicht jeder ist gleich schwer betroffen.
OI kann zurzeit nicht geheilt werden. Als herausragende Operationsmethode hat sich die Versorgung mit Teleskopnägeln erwiesen. Es handelt sich um zweiteilige Nägel, die in den langen Röhrenknochen (meist Ober- und Unterschenkel) eingebracht werden. Sie ziehen sich mit dem Wachstum auseinander. Um Muskulatur aufzubauen, welche den Knochen stützen kann, ist regelmäßige Krankengymnastik und Bewegung unverzichtbar. Trotzdem bestimmen Krankenhausaufenthalte und lange Liegezeiten im Gips in der Kindheit oft den Alltag.
Die aufwändige Pflege erfordert die ganze Aufmerksamkeit der betreuenden Personen. 80 Prozent der an OI erkrankten Kinder besuchen Regelschulen. Fast allen Kindern helfen Zivildienstleistende, den Schulalltag zu meistern. Die OI-Gesellschaft ist in Landesverbänden organisiert. Diese dienen als direkten Ansprechpartner wenn es um Hilfe oder Erfahrungsaustausch geht.
Trotz meiner Glasknochen kann ich sagen, dass ich zwar mit Einschränkungen leben muss, doch dass mich diese nicht daran hindern, selbstbewusst im Alltag zu bestehen.
Alina Meissner, Mänchengladbach, Bisch. Marienschule