Als es zur Pause klingelt und sich die Schulflure der kleinen Hauptschule im Rheinland mit Stimmengewirr füllen, klopft es alle paar Minuten an die Bürotür von Schulsozialarbeiterin T.. Schüler stecken den Kopf herein und fragen freundlich nach der Dreißigjährigen.
„Wenn wir nett zu ihnen sind, sind sie auch nett zu uns“, berichtet T.. Vertrauen sei eine wichtige Voraussetzung für einen offenen und ehrlichen Umgang bei der Arbeit miteinander. Sie hört den Jugendlichen zu, wenn sie über ihre Probleme sprechen wollen und versucht gemeinsam mit ihnen, Strategien zu entwickeln, wie sie ihren Alltag meistern können.
Wenn T. in seltenen Einzelfällen feststellt, dass intensivere Hilfe nötig ist, leitet sie diese an das Jugendamt weiter, wo sie individuell geprüft werden. Manchmal erscheint ein weiteres Zusammenleben in der Familie nicht möglich, sei es beiderseits oder vonseiten des Jugendlichen oder der Eltern. Dann wird ein Platz in einer Pflegefamilie oder in einem Jugendwohnheim gesucht, wie in einem, wo Erzieher W. tätig ist.
Sein Arbeitsplatz in einer Kleinstadt im Bergischen Land ist ein gewöhnliches dreigeschossiges Einfamilienhaus mit Garten. Innen fallen einem sofort mehrere Paar Sneaker ins Auge, die sich in einem Schuhregal stapeln. Ein Junge in Sportkleidung und mit schätzungsweise Vier-Kilo-Hanteln läuft die Treppe herunter und geht weiter in den Keller. Dort befinde sich ein kleiner hauseigener Fitnessraum, erklärt W..
In dem Haus werden Jugendliche schichtweise von insgesamt sechs Erziehern betreut und eine Haushaltshilfe ist angestellt. Oft muss W. am Wochenende oder nachts die Stellung halten. Ob er denn dann nicht seine eigenen Kinder vermisse? „Wenn ich hier übernachte, rufen sie mich jeden Abend an und erzählen, wie ihr Tag war. Aber natürlich wäre ich lieber direkt bei ihnen.“
„Dirk, kann ich die Xbox haben?“, übertönt eine Jungenstimme das Gelächter aus den oberen Etagen. „Klar“, antwortet der Betreuer. Solange sich die Benutzung der Spielkonsole im Rahmen hält und das Pflichtprogramm, wie Schule und Hausaufgaben, erledigt ist, können die Jugendlichen sie benutzen. Diese und weitere Regeln hängen gut sichtbar im gemeinsamen Esszimmer. Von jedem Wohnmitglied wurden sie unterzeichnet. Und laut W. werden sie größtenteils eingehalten. Auch die Ausgehzeiten sind genau festgelegt. So dürfen die Dreizehnjährigen am Wochenende bis 21.45 Uhr außer Haus sein – „zu lang“, findet W. und grinst, „meinen Kindern würde ich das nicht erlauben!“
Mit der Zeit verstehen sich manche wie Bruder und Schwester. So auch zwei Mädchen, die ein individuell gestaltetes, gemeinsames Schlafzimmer bewohnen und gegenüber den gemeinsamen Ankleideraum eingerichtet haben. Allerdings ist die neunköpfige Wohngemeinschaft mit ihren Erziehern natürlich nicht immer die „Happy Family“. Streitereien gehören dazu und sie seien vorprogrammiert, erklärt W., zum Beispiel wenn man mit einem Dortmund- und einem Bayernfan das diesjährige DFB-Pokalfinale im Fernsehen anschaue.
Fabia Guth, 8b, Marienschule Leverkusen