Eine alte Frau läuft die Straße entlang

Überleben: ja – gut leben: nein

Unsere Autorin hat vor der Krefelder Tafel mit den älteren Leuten gesprochen, die sich dort Unterstützung in Form von Lebensmitteln holen. Der Frust über die Altersarmut ist groß, die Lösungsvorschläge sind verschieden.

Von Dana Depenbrock, 8c, Gymnasium am Stadtpark Krefeld

Im Regen stehen die unterschiedlichsten Leute vor der Eingangstür der Tafel in Krefeld und erzählen von ihren Lebensgeschichten. Einer Frau sieht man die Armut nicht an, bis sie sagt, sie hätte nur 150 Euro im Monat. Direkt klinkt sich eine weitere Dame ein. Sie erklärt, dass sie abzüglich der Miete nur noch 200 Euro zur Verfügung habe und sie deshalb die Hilfe der Tafel benötige. Im weiteren Gespräch berichten die zwei Frauen, wie sich ihre Lage verschlechterte, als das Weihnachtsgeld und das Bekleidungsgeld plötzlich wegfielen.

Während des Gesprächs kommen mehr Leute dazu, die diese Meinung teilen und die selbst gucken müssen, wie sie über die Runden kommen. Ein älterer Herr mit weißen Haaren und einem weißen Bart erzählt, dass die Scheidung von seiner Frau bereits 14 Jahre andauere und diese die Scheidung immer mehr hinaus­zögere, um Unterhalt zu erhalten.

Altersarmut macht einsam

In Deutschland sind insgesamt 15,6 Prozent der Rentner von Altersarmut betroffen. Auf die Frage, was man dagegen unternehmen könnte, hört man mehrfach die Antwort, dass in erster Linie die Politik einschreiten müsste. „Der Einzelne kann sowieso nix dran machen, der Staat muss dafür sorgen“, so der Tenor. Auf die Aussage von CDU-Politiker und Gesundheitsminister Jens Spahn, mit Hartz IV habe jeder das, was er zum Leben brauche, sagten die Frauen nur, man müsste die Politiker hier­hinsetzen und Beifall klatschen. Vielleicht wären sie dann ja auch der Meinung, dass man zwar überleben, aber nicht leben kann.

Wenn Menschen sich nicht einmal die für uns normalen Sachen leisten können, schotten sie sich häufig ab. Viele Menschen schämen sich dafür, wenn sie arm sind, vor allem die ­Älteren. Sie nehmen dann nicht einmal die Hilfe von Vereinen wie der Tafel an.

In verschiedenen Gesprächen wird klar, dass die meisten Menschen privat Vorsorge treffen, damit ihnen genau dies nicht passiert. Aber das ist nicht so einfach, wenn man monatlich schon drauf achten muss, wie man über die Runden kommt. „Wenn man sich so durchs Leben kämpfen muss, ist es schwer, noch was zurückzulegen“, erzählt eine der Damen. Vor allem Mütter, die aufgrund der Kinder nicht arbeiten gehen, sind im Alter häufiger von Armut betroffen. Die durchschnittliche Rente eines Mannes in den neuen Bundesländern beträgt 1124 Euro brutto und in den alten Bundesländern 1040 Euro. Die durchschnittliche Rente der Frauen im Osten beträgt 846 Euro brutto und im Westen 580 Euro brutto. Da bleibt recht wenig zum Leben.

Die meisten Rentner bekommen nur die Durchschnittsrente, vor allem die Frauen. Um die sogenannte Bruttostandardrente zu erhalten, muss man 45 Berufsjahre aufweisen können. Allein das ist heutzutage sehr schwer, da viele aufgrund des Studiums erst mit 24 Jahren ins Berufsleben eintreten.

Ist jeder selbst verantwortlich?

Andererseits kann man mit Glück deutlich mehr als der Durchschnitt verdienen und so nicht das Problem bekommen. Im Westen jedoch haben die Frauen nur durchschnittlich 27,5 Beitragsjahre und im Osten nur 39,7 Beitragsjahre. Das liegt vor allem daran, dass die Frauen sich um die Kinder kümmern und in Mutterschutz gehen.

Die Männer hingegen haben im Westen 40,4 Beitragsjahre und im Osten 44,6 Beitragsjahre, trotzdem kommen sie im Durchschnitt auch nicht auf die vorgesehenen 45 Beitragsjahre. Dazu kommt, dass das Gehalt nicht regelmäßig unter dem Durchschnitt liegen darf, der bei 3092 Euro monatlich liegt. Sonst bekommt man nicht die Eckrente.

Aber ist es fair, dass Leute, die ihr Leben lang gearbeitet haben, am Ende nix mehr haben? Die Antwort lautet klar: Nein. Man müsste viel mehr dagegen tun. Aber das ist leichter gesagt als getan. Wo kann man ansetzen und was ist wirklich umsetzbar? Die Passanten bringen verschiedene Vorschläge, wie zum Beispiel mehr Rentenpunkte für die Zeit, in der Frauen aufgrund der Kinder zu Hause sind. Andere sind für eine Erhöhung der Grundrente, um die Gesamtsituation zu verbessern.

Wenn ältere Menschen krank ­werden, fallen hohe Kosten für ­Medikamente an. Eine Idee ist, dass ältere Menschen generell nicht mehr für Medikamente zahlen sollten. ­Viele weitere Ideen wurden auf­geworfen. Ein ehemaliger Beamter empfindet Altersarmut nicht als ­großes Problem. Da er selbst eine hohe Position im Berufsleben hatte und nie davon betroffen war, unterstützt er die Meinung, dass die Leute selbst vorsorgen und Vollzeit arbeiten sollten.

Oder muss der Staat etwas tun?

Man merkt deutlich den Unterschied zu den Leuten der unteren und mittleren Schicht. Leute, die selbst nie davon betroffen waren und immer in einer hohen Position arbeiteten, mit der die gute Rente gesichert war, sind mehr der Meinung, dass jeder es selbst zu verantworten habe.

Deutschland sei ein so reiches Land, da sollte doch etwas zu machen sein. Dieser Ansicht sind die meisten der Leute, die sich zum Thema äußern.

Manches lässt sich aber nicht ändern: Denn wie sollen die Leute Geld zurücklegen und Vollzeit arbeiten, wenn es beispielsweise alleinerziehende Mütter sind? „Dann hört man immer: Die Jüngeren müssen was fürs Alter tun. Da frag ich mich immer: Wie?“, sagt eine der Damen. Dahin gehend haben es die meisten Männer einfacher.

In einem Selbstversuch, in dem ich getestet habe, wie gut ich mit einer bestimmten Summe an Geld am Tag auskomme, habe ich gemerkt, wie schwer es ist, sich da noch gesund und ausgewogen zu ernähren. Preise, die einem normal im Alltag nicht auffallen, wirken plötzlich wie große Geldberge. Schon beim ersten Schritt in den Supermarkt wird deutlich, was man sich nicht leisten kann. Jeden Cent muss man umdrehen, damit man am Ende des Monats noch etwas essen kann.

Das heißt auch, dass man viele Aktivitäten einfach nicht machen kann und somit das soziale Leben verpasst. Abschottung und Vereinsamung sind die Folge, was für die geistige Gesundheit nicht förderlich ist. Es besteht akuter Handlungsbedarf!