Das St.-Ursula-Gymnasium in Düsseldorf hat eine Projektwoche veranstaltet. Es gab verschiedene Angebote, für die sich die Schüler einschreiben konnten. In einem der Projekte ging es um Obdachlose und ihr Leben.
Von Noa Rapaport, Klasse 8b, St.-Ursula-Gymnasium Düsseldorf
Die Schüler, die an diesem Projekt teilnahmen, hatten Kontakt zu den Obdachlosen und konnten einen Einblick in ihr Leben bekommen. Das führte dazu, dass sie plötzlich eine völlig neue Sichtweise auf ihr eigenes Leben entwickelten.
Auch wenn den Schülern im Rahmen dieses Projekts vielleicht im Vergleich zum eigenen Alltag nur vorübergehend bewusst wurde, wie gut es ihnen in Wirklichkeit geht, sind es bestimmt die Bilder und die kurzen Geschichten der Obdachlosen, die sich in ihr Gedächtnis einprägen und nachwirken werden.
Obdachlose haben keine Familien die sie unterstützen, kein Geld, keine Freunde, kein eigenes zu Hause, eigentlich nichts von dem was anderen Menschen ganz selbstverständlich zur Verfügung steht. Ihr Leben wird nicht nur erschwert dadurch, dass es an manchen Tagen zu kalt oder zu heiß draußen ist oder, dass sie an manchen Tagen hungern müssen, weil sie
einfach kein Essen auftreiben können. Es wird trauriger, wenn sie von ihren Mitmenschen herablassend angeschaut oder gar nicht erst wahrgenommen werden.
Bestürzend sind auch die Geschichten, in denen sie erniedrigt werden, indem man zum Beispiel Benzin über ihre Schlafsäcke kippt, sie anschließend anzündet, das auch noch filmt und ins Netz stellt.
Was sehen wir da eigentlich?
“Obdachlos? Selbst schuld!” mögen einige denken. Denn die Vorstellung, die man von diesen Menschen hat, ist oft klischeehaft: Menschen die keine Lust haben, zu arbeiten, deshalb lieber auf der Straße leben und das bisschen Geld, was ihnen zur Verfügung steht, geben sie sowieso für Alkohol und Drogen aus.
Doch ist das wirklich so? Die Schüler des St.-Ursula-Gymnasiums konnten lernen, dass es verschiedene Gründe dafür gibt, warum manche Menschen auf der Straße gelandet sind und keine Chance bekommen, dort wegzukommen.
Ein Mann erzählt, dass er zwei Lehren gemacht habe. In dieser Zeit habe er ein ganz normales Leben geführt. Zwei Unfälle im Straßenverkehr haben dazu geführt, dass er sein ganzes Geld verloren hat somit gezwungen war, auf der Straße zu leben.
Notunterkünfte, in denen Obdachlose vorübergehend unterkommen können, sind leider auch keine wirkliche Alternative zur Straße. Was viele nicht wissen ist, dass es dort auch nicht viel besser ist als draußen. Denn man ist dort mit den anderen Obdachlosen nicht wirklich befreundet. Hier wird gestohlen und gestritten und zudem verbreiten sich auch Krankheiten, die sich auf engstem Raum übertragen.
Auch wenn Obdachlose versuchen zurück ins „normale“ Leben zu finden, sich bespielweise um einen Job oder eine Wohnung bemühen, holt sie das Klischee schnell wieder ein. Arbeitgeber würden sicherlich einem Menschen mit festem Wohnsitz dem Obdachlosen vorziehen und bei der zur Zeit herrschenden Wohnungssituation in Deutschland sieht es für Obdachlose schlecht aus.
Zwei Obdachlose, die für die Zeitung 50:50 arbeiten organisierten für die Schüler des St.-Ursula-Gymnasiums eine Stadtführung. Sie zeigten ihnen Düsseldorf aus ihrer eigenen Sicht: die Suppenküche, den Straßenstrich, eine Notunterkunft. Sie sprachen mit anderen Obdachlosen. Im Nachhinein ein erschreckendes und bestürzendes Bild für die Schüler, denn so hatten sie ihre Stadt bisher noch nicht wahrgenommen.
Aber so unterschiedlich das Bild war, so unterschiedlich waren auch die Obdachlosen, die sie kennenlernen durften. Da waren einige, denen es unangenehm war zu betteln, andere die erzählten, dass der Alkohol sie nicht nur betäuben, sondern auch warm halten würde.
Einige, die einen Hund halten, erzählten, dass dies ihr einziger Freund sei und, dass die Gesundheit des Tieres ihnen wichtiger sei als die eigene. Die Schüler trafen Obdachlose, die seit fast 50 Jahren auf der Straße leben und sich damit irgendwie abgefunden haben und andere, die wiederum gern ein „normales“ Leben führen würden.
Die Eindrücke, die die Schüler durch dieses Projekt sammeln konnten, werden ihnen in Zukunft bestimmt dabei behilflich sein, ihre eigenen Sorgen und Probleme mit einem kritischeren Blick zu betrachten und das Schicksal der Menschen, die sie durch das Projekt kennenlernen durften, wird ihnen hoffentlich so sehr am Herzen liegen, dass sie für sich entscheiden, von dem Klischee der Gesellschaft über Obdachlose Abstand zu nehmen.