Vom Ritchie im Interview – Hosen, Platten und eine Liebeserklärung an Düsseldorf

Er ist ein angenehmer Gesprächspartner. Vom Ritchie bleibt trotz Bandstress gelassen und locker. Er wusste schon immer, dass er für das Schlagzeug wie geschaffen ist und freut sich, es diesen Januar mal ruhig angehen zu lassen, um Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Sein größtes Hobby: die eigene Plattenfirma.

Vom Ritchie ist seit zehn Jahren der Schlagzeuger bei der Düsseldorfer Punkband Die Toten Hosen. Er absolvierte kürzlich mit den Toten Hosen unter anderem die Tour durch Süd- und Mittelamerika, die Abschlusskonzerte in Düsseldorf und die Einslive Krone, wo die Toten Hosen als beste Band ausgezeichnet wurden. Bevor er zu den Hosen kam, spielte er mit vielen anderen, zum Teil auch unbekannten Musikern, mit denen er sich durch die Szene kämpfte. Mittlerweile hat Vom Ritchie sich zusätzlich zu seinem Job in der Band eine eigene Plattenfirma namens „Drumming Monkey Records“ aufgebaut.

Jonas Lipka, Schülerreporter von der International School of Düsseldorf hat ihn zum Interview getroffen und mit ihm geplaudert.

Wie ist die Stimmung in der Band?

Vom Ritchie: Sehr gut. Ich glaube, es wäre gut, jetzt eine Pause einzulegen, da alle eine bräuchten. Wir haben zuletzt einen Monat in Südamerika gespielt, und wir sind durch neun Länder in 28 Tagen getourt. Wir sind alle ein bisschen krank geworden, weil es einfach zu viele Länder in einer zu kurzen Zeit waren, aber es war trotzdem toll. Danach haben wir mit der Promotion für unsere neue live DVD begonnen und haben ein Konzert in Österreich veranstaltet. Es war ein starker Kontrast zu Südamerika. Dann ging es weiter mit der Promotion für die neue DVD, und dann kam auch schon die Einslive Krone, bei der wir als beste Band ausgezeichnet wurden. Nach den vielen Terminen freuen wir uns auf die Pause im Januar, aber trotzdem noch auf die Abschlusskonzerte unserer Tour in Düsseldorf.

Hast du erwartet, die Einslive Krone zu bekommen?

Vom Ritchie: Nein. Wenn man das erwartet, ist man enttäuscht, wenn man sie nicht bekommt. Es ist wie ein Bonus für uns. Wir sind natürlich überglücklich darüber, aber wenn wir sie nicht bekommen hätten, wäre es auch nicht schlimm gewesen.

Du warst nicht von Anfang an bei den Toten Hosen dabei. Wie hast du die Band überhaupt kennen gelernt?

Vom Ritchie: Ich habe damals in einem Bauunternehmen gearbeitet und arbeitete auf einer Baustelle in Köln. Als ich abends nach Hause kam, sagte mir meine damalige Freundin, ich müsse sofort zur Philipshalle. Ich war vollkommen perplex, da ich die ganze Nacht gearbeitet hatte, aber sie sagte, dass der Schlagzeuger von „The Yobs“ sich den Arm gebrochen hat. Sie sagte, dass sie mich als Ersatz wollten. Ich stieg in ein Taxi, und als ich an der Philipshalle ankam, sagten sie mir, dass der Auftritt gleich anfängt und ich mitspielen soll. Ich kannte keinen ihrer Songs, aber sie sagten, ich kann sie vor der Show lernen. Ich fing an zu üben und Campi schaute zufällig zu, als ich Little Drummer Boy spielte, und es gefiel ihm sehr gut. So habe ich mich dann irgendwie mit der Band angefreundet und habe angefangen mit Wölli, dem damaligen Schlagzeuger der Band zusammen zu arbeiten. Dann bekam Wölli seine Probleme mit dem Rücken, und er musste aus der Band austreten. Die Band fragte mich, ob ich nicht dabei sein wolle. Es war ein sehr angenehmer Wechsel.

Kanntest du anfangs die Lieder der Band überhaupt?

Vom Ritchie: Ich kannte sie nicht so gut, aber ich hatte die Band schon einige Male gesehen. Ich mag die Lieder. Um ehrlich zu sein, mochte ich die Lieder mehr, die sie gespielt haben, bevor ich in die Band eingetreten bin. Ich mag lieber die punkigen Lieder als die rockigen, aber ich finde die Lieder, die ich mit ihnen spiele trotzdem gut.

Also ist deine Lieblingsmusikrichtung Punk?

Vom Ritchie: Nicht nur. Ich höre viel Verschiedenes. Ein großer Umfang.

Was ist deine Lieblingsband?

Vom Ritchie: Meine Lieblingsband ist eine Band aus Chicago namens Moto, eine Untergrundband. Meine Einflüsse als ich jünger war waren The Jimi Hendrix Experience, Deep Purple und Black Sabbath.

Also haben dich diese Bands dazu bewegt ein Schlagzeuger zu werden?

Vom Ritchie: Nicht wirklich, aber sie haben mich beeinflusst. Ich wusste irgendwie immer in meiner Seele, dass ich es kann. Ich hatte dieses innere Gefühl. Natürlich haben mich diese Typen inspiriert in dem, was ich spiele. Diese Typen wie Ian Paice, Mitch Mitchell, Bill Ward oder John Bonham, aber der Wille, das Instrument zu spielen war einfach da.

Du lebst seit 19 Jahren in Düsseldorf.

Vom Ritchie: Ja. Es gefällt mir hier sehr. Ich liebe Düsseldorf. Ich liebe meine Freunde, die ich hier habe. Ich bin froh, dass ich hier so viele Freunde habe. Nicht nur die englischen, sondern auch viele andere Freunde. Ich bin jetzt fest entschlossen, Deutsch zu lernen.

Mit all dem Bandstress, da bleibt doch sicherlich keine Zeit mehr für die Familie?

Vom Ritchie: Doch, ich verbringe Zeit mit meiner Familie. Vielleicht nicht soviel, wie ich es gerne hätte, aber ich muss mich auch noch um die Plattenfirma kümmern. Ich versuche mich um sie zu kümmern, wenn mein Sohn in der Schule ist, sodass ich Zeit für ihn habe, wenn er da ist.

Hast du noch Zeit für andere Hobbys?

Vom Ritchie: Ich habe nicht viel Zeit für andere Hobbys, aber ich spiele gerne Tischtennis, Billard und Kicker. Mein größtes Hobby ist aber die Plattenfirma. Wir machen das, um die Musik, die wir mögen zu veröffentlichen. Wir machen nicht besonders viel Geld damit, aber es macht uns Spaß. Das ist auch ein Grund, warum ich die Hosen respektiere: Sie haben ihre eigene Plattenfirma. Vielleicht werde ich mich mal nur noch um die Plattenfirma kümmern, wenn wir zu alt sind für unseren Punk.

Im Gegensatz zu den anderen Bands, die zurzeit auf dem Markt sind, gehörst du eher zur älteren Generation. Glaubst du, dass du noch lange mit den Toten Hosen weitermachen wirst?

Vom Ritchie: Wer weiß. Aber was sollten wir sonst machen? Ich wüsste, was ich machen würde, aber ich weiß nicht, ob das reichen würde, um das Haus zu finanzieren (lacht). Ich glaube, wir alle wissen, wann es Zeit ist aufzuhören, aber im Moment läuft alles gut. Es existieren keine Pläne, die sagen, dass wir aufhören.

Du bist in einer kleinen Stadt in England aufgewachsen. Vermisst Du sie?

Vom Ritchie: Manchmal. Die Leute in der Stadt machen immer noch ihr eigenes Ding. Aber sie haben sich auch alle fest niedergelassen und sind verheiratet. Ich hingegen gehe immer noch gerne zu Konzerten und Shows, und die Möglichkeit gibt es dort nicht. Hier ist es toll, weil immer etwas los ist. Besonders Düsseldorf und Köln sind toll, weil hier musikalisch viel passiert. Den Stadtteil, in dem ich wohne, mag ich besonders, da man in der Nähe der Stadt wohnt, aber nicht so richtig im Zentrum. Es ist wie ein Dorf. Jeder kennt hier jeden. Das gefällt mir.

Info

Am 6. August 1964 ist Vom Ritchie in Billericay, England, geboren worden. Dort verbrachte er auch seine Kindheit. Vom Ritchie lebt seit 19 Jahren in Düsseldorf. Mit seiner Frau hat er einen gemeinsamen Sohn.

Jonas Lipka, Düsseldorf, International School Of Düsseldorf