Noch herrscht Stille über dem Wald. Einzelne Vögel singen, vom See tönt lautes Schnattern von Enten. Im Wind knattern die Fahnen mit der Aufschrift: Interlochen – Here lives the Art. Wir befinden uns im Nordosten Michigans in einem Sommercamp. 1928 verwirklichte Joe Maddy seinen Traum: Er schuf das Interlochen Art Camp für junge Musiker zwischen acht und 18 Jahren. Anfangs wurde ein kleines Orchester aufgestellt, das über die Jahre hinweg rasant wuchs, da viele Kinder wieder an den Ort zurück kehrten, weil es ihnen so gut gefiel, und Interlochen sprach sich herum und wurde bekannt. Immer mehr Kinder kamen nach Interlochen und lebten ihre Begeisterung für die Musik aus.
Heute wird nicht mehr nur musiziert. Weitere Angebote wie kreatives Schreiben, Tanzen, Theater, Singen, Malen und Bildhauerei wurden im Laufe der Jahre eingeführt. Inzwischen treffen sich hier jeden Sommer 2500 junge Künstler.
Die Stille wird durchbrochen durch die Trompete, die den Campus weckt. Fröstelnd erscheinen die ersten Mädchen und Jungen vor ihren Hütten, um von den Betreuern wichtige Informationen für den Tag zu bekommen. Wenn nach dem Frühstück die Hütten gesäubert und aufgeräumt sind, strömen alle raus an die frische Luft und laufen mit Freude zu dem jeweiligen Unterricht. Das Bild ist einheitlich, da Uniform Pflicht ist. Es werden hellblaue Polohemden und dunkelblaue Hosen getragen. Einer trägt in der linken Hand einen Geigenkoffer und in der anderen die Noten, ein anderer läuft mit einer großen Leinwand unterm Arm hastig ins Atelier. Der Weg führt an so genannten Übungshütten vorbei, in denen jeder sein Instrument spielen kann. Durch die halboffene Tür fällt der Blick auf einen schwarzen Flügel, der darauf wartet, bespielt zu werden. Die Stimmung ist heiter, und die Musik klingt aus allen Ecken durch den Wald.
Jeder, der nach Interlochen geht, hat ein Talent und die Chance, daran zu arbeiten, es zu fördern und es am Ende mit anderen zu teilen. Am Mittag ruht sich jeder eine Stunde lang aus, um Kraft für den Tag zu sammeln. Nach zwei weiteren Unterrichtsstunden betreiben die Kinder Sport. Auf dem Programm stehen: Schwimmen, Segeln, Kanu fahren, Bogenschießen, Spiele in der Natur und vieles mehr. Damit es nach den Abendessen nicht langweilig wird, werden jeden Abend große Konzerte angeboten. Um halb zehn kehrt langsam Ruhe ein. Wenn das Geflüster aus den einzelnen Hütten, das Entenschnattern und das Zirpen der Grillen verstummt, ist ein langer und aufregender Tag in Interlochen vorbei.
Helena Dietl, Düsseldorf, International School Of Düsseldorf