Schätzungen des statistischen Bundesamtes haben ergeben, dass in den nächsten zehn Jahren allein in Deutschland mehr als 800 Milliarden Euro vererbt werden. Jeder zwölfte Erbfall wird internationalen Bezug haben.
Momentan gibt es in jedem EU- Land ein eigenes Erbrecht. So kennt Deutschland das „gemeinschaftliche Testament“ und den „Erbvertrag“. In Spanien werden diese Regeln jedoch nicht anerkannt. Wenn bisher ein EU- Ausländer in einem fremden Mitgliedsstaat verstarb, wurde von den Richtern erwartet, dass sie alle 28 Rechtsordnungen kannten. Durch die neue Verordnung wird das nationale Recht nicht aufgehoben, sondern die Zuordnung neu geregelt. Bisher war die Nationalität des Verstorbenen entscheidend. Für Erbfälle ab dem 17. August 2015 ist innerhalb der EU der gewöhnliche Aufenthalt ausschlaggebend.
25 von 28 Mitgliedsstaaten haben dieser Regelung zugestimmt. Für die Länder England, Irland und Norwegen verbleibt es bei der aktuellen Regelung, die auch für alle übrigen Länder gilt. Hier ist das internationale Privatrecht (IPR) anzuwenden. Dabei wird durch teilweise sehr komplizierte Regelungen das anzuwendende Erbrecht ermittelt.
Allerdings führt auch die neue Regelung nicht immer zum gewünschten Ergebnis.
Verstirbt ein deutsches Ehepaar im Haus auf Mallorca, so bestimmt sich der Erbe nach aktueller Rechtslage nach deutschem Recht, da an die Nationalität der Verstorbenen angeknüpft wird. Dies ist häufig auch gewünscht, da die jüngere Generation in Deutschland lebt, und auch das Ehepaar, trotz des gewöhnlichen Aufenthaltes, sich immer noch als Teil der deutschen Rechtsordnung sieht.
Mit der neuen europäischen Norm wird an den gewöhnlichen Aufenthalt angeknüpft. Somit vererbt ein deutsches Ehepaar nach spanischem Recht. Dazu meint Steuerberater Thomas Terhaag: „Vermögensübergänge mit internationalem Bezug sollte man nicht den allgemeinen gesetzlichen Regelungen überlassen. Die neue EU-Verordnung mag es der Justiz einfacher machen. Wer aber sicher gehen will, dass sein letzter Wille auch als solcher durchgeführt wird, sollte das testamentarisch aktiv regeln.“
Die Lösung für das deutsche Ehepaar liegt also in der Anordnung, das deutsche Erbrecht beim Vermögensübergang anzuwenden. Das wird durch die neue EU- Erbrechtsverordnung auch ausdrücklich erlaubt. „Das Merkmal des gewöhnlichen Aufenthalts ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und wird in seiner Auslegung die Gerichte lange beschäftigen. Als Gestaltungsmittel ist das reine Abstellen auf den gewöhnlichen Aufenthalt geradezu gefährlich und führt nicht zur Rechtssicherheit“, sagt Steuerberater Thomas Terhaag, der zugleich auch Fachberater für Testamentsvollstreckung und Nachlassverwaltung ist.
Dies weist auf die Probleme der gesetzlichen Erbfolge hin. Diese lassen sich umgehen, indem man ein Testament macht. Man macht es aktiv und in vollem Bewusstsein. „Anders erben“ ist also keine Frage der Nationalität oder des gewöhnlichen Aufenthalts, sondern der Vorbereitung des Vermögensübergangs.
Kim Terhaag, 8b, Freie Christliche Schule, Gymnasium, Düsseldorf