Etwa 30.000 bis 40.000 Menschen in Deutschland sind von der Krankheit Retinitis Pigmentosa, bei der sich das Sichtfeld verengt, betroffen. Einer von ihnen ist der Physiotherapeut Guido Wolters (43 Jahre). Er hat zwei Kinder (13 und 15 Jahre), ist verheiratet und hat sich 2011 mit seinem Therapiezentrum in Wesel selbstständig gemacht. Pauline Pfeiffer, eine Teilnehmerin des Projektes „Schüler lesen Zeitung“, sprach mit ihm über seine vererbbare Krankheit.
Seit wann wissen Sie, dass sie an der Krankheit Retinitis Pigmentosa erkrankt sind?
Guido Wolters: Ich habe die Diagnose bekommen, als ich 27 Jahre alt war. Der Verdacht bestand jedoch schon vorher, da ich ebenfalls an eingeschränktem Sichtfeld erkrankte Verwandte habe.
Woran haben Sie bemerkt, dass Ihr Sichtfeld sich verengt?
Guido Wolters: Das Sichtfeld verengt sich in sehr kleinen Schritten, aber man bemerkt es daran, dass man öfter gegen Dinge läuft, wenn man sich ohne Hilfsmittel bewegt.
Wie sieht Ihr Blickfeld aus?
Guido Wolters: Mein Blickfeld ist nicht schwarz an den Seiten, sondern es gibt die Seiten einfach nicht für mein Gehirn. Steht jemand hinter einer Person, die ein normales Sichtfeld hat, so kann diese die hintere Person nicht sehen. Ähnlich ist es bei mir, nur dass ich es schon nicht mehr sehen kann, wenn jemand neben mir steht. Es ist, wie durch zwei Zewarollen zu sehen.
Wie beeinträchtigt das eingeschränkte Sichtfeld Sie im Alltag?
Guido Wolters: Bei der Arbeit stört es mich nicht, weil ich als Physiotherapeut hauptsächlich taktil arbeite. Deshalb habe ich auch diese Umschulung gemacht. Dieser Beruf ist für Blinde und Sehbehinderte gut geeignet. Und es gibt ja auch viele Hilfsmittel. Ich benutze Apple-Produkte, weil es dort die eingebaute Siri, eine Sprachfunktion, gibt. Außerdem habe ich zum Beispiel ein Lesegerät, mit dem ich Texte vergrößern kann. Am Computer kann ich den Kontrast stärker einstellen, denn bei mir sind die Zapfen und Stäbchen ausgefallen, die sich auf der Netzhaut befinden und das Licht spiegeln, damit man auch mit nur wenig Licht sehen kann. Darum sehe ich abends, wenn die Laternen an sind, nur die Lichtkegel. Ohne Hilfsmittel kann ich allein nirgendwohin gehen, wo ich mich nicht auskenne. Darum habe ich auch meinen Blindenführhund Pino und wegen der Nachtblindheit einen weißen Stock.
Wie gehen Sie, Ihre Familie und Ihre Patienten damit um?
Guido Wolters: Meine Kinder sind damit aufgewachsen. Sie nehmen mich oft an die Hand, wenn wir zum Beispiel auf Feiern sind, weil sie es nicht anders kennen. Meine Frau musste es erst lernen, aber alles ist lernbar. Die Patienten stört meine Sehbehinderung nicht, weil ich mich bei der Arbeit hauptsächlich auf meine Hände verlasse. Nachdem einmal beim WDR von meinem Hund und mir berichtet wurde, haben sogar Patienten aus Duisburg nach Terminen gefragt. Es geht mir also auch mit Behinderung sehr gut.
Pauline Pfeiffer, Wesel, Andreas-Vesalius-Gymnasium