Täglich werden Kinder und Jugendliche im Internet Opfer pädophil veranlagter Täter. In Chat-Räumen, sozialen Netzwerken oder sogar bei ICQ nehmen sie Kontakt zu ihren Opfern auf. Mädchen und Jungen gehören zur beliebten Zielgruppe der Männer und Frauen, die täglich tausendfache Kinder „adden“ und ausfragen.
Harmlos beginnen die meisten „Gespräche“, die jedoch meist nicht so harmlos enden. In den meisten sozialen Netzwerken, gerade da, wo ein gutes und sicheres Umfeld für die Kinder versprochen wird, sind die größten Fallen. Denn genau hier warten Täter und Täterinnen auf ihre Opfer. Von Fragen über die ersten sexuellen Erfahrungen über klare Anweisungen dazu, sich vor dem PC selbst zu befriedigen, bis hin zu Treffen mit verhehrendem Ende, wird von den Tätern jede Möglichkeit genutzt, um an das gewünschte Ziel zu gelangen.
Viele Leute wissen gar nicht, wie die Täter versuchen, an ihr Opfer heran zu kommen. Manchmal geht dies viel schneller, als man denkt. Rasch die Daten des Opfers durchgelesen, vermerkt auf welche Schule und in welche Klasse es geht, dazu noch den Namen und ein Bild der Person – und schon haben mögliche Täter genügend Informationen um den Kindern „Probleme“ zu machen.
Kaum irgendwer kennt sich richtig aus. Kaum jemand interessiert sich für das, was Kinder im Netz so machen, beziehungsweise erleben. Umfragen in Schulen haben ergeben, dass sich Eltern zuhause so gut wie nie für die Chaterlebnisse ihres Nachwuchses interessieren. Meist wissen sie nicht einmal, wann ihr Kind online geht. In Deutschland treffen sich heute täglich Jugendliche irgendwo mit einer Chatbekanntschaft, ohne dass die Eltern überhaupt Bescheid wissen, was meistens schlimme Folgen mit sich bringt: Entführung, Vergewaltigung und Mord kommen da nicht selten vor.
Im Jahr 2000 steigt zum Beispiel eine Zwölfjährige aus Hessen ins Auto ihrer Chatbekanntschaft aus Aachen. Sie wird mehrfach von insgesamt zwei Tätern missbraucht. Im Dezember 2002 fällt eine ebenfalls Zwölfjährige aus Braunschweig auf ihren Chatfreund aus Magdeburg rein. Beim Treffen mit dem weitaus älteren Mann kommt es zur Vergewaltigung. Entkommen sind 2003 zwei 14-Jährige nur knapp einem Familienvater. Nach dem Kennenlernen im Chat treffen sie sich mit dem Mann. Bei der ersten Verabredung schenkt er ihnen jeweils ein Handy. Als er beim zweiten Treffen Pornobilder von ihnen machen will, wird er durch die Anzeige einer wachsamen Nachbarin von der Polizei an der Tat gehindert.
Das sind bekannt gewordene Einzelfälle, sicher. Viele andere Opfer werden gar nicht bekannt gegeben, oder die Opfer selbst verheimlichen so etwas. Sind die weiblichen Opfer beispielsweise über 14 Jahre alt und nicht beweisbar vergewaltigt worden, wird dieser Missbrauch nicht verfolgt.
So gibt es wahrscheinlich eine große Anzahl von Missbrauchsfällen, in denen die Täter nie zur Rechenschaft gezogen werden. Bis heute gibt es weder ausreichend aussagefähige Erhebungen. Schulen und Elternhäuser sind meist ratlos bei diesem Thema.
Svenja Schwerz, Kempen, Erich-Kästner Realschule