8 Uhr, Schulbeginn. Die Schüler stellen sich in Zweierreihen auf dem Schulhof auf und verstummen langsam. Wie bitte? Willkommen in Frankreich!
Ein normaler Schultag hat auf dem Collège begonnen, und wir begleiten heute Pauline. Nachdem von dem Lehrer überprüft wurde, ob alle da sind, wird die Anwesenheitsliste zum Lehrerzimmer gebracht. In den Klassen sitzen die Schüler jetzt recht still, die Lehrer unterrichten im Frontalunterricht. Es gibt einen festen Sitzplan, meist Junge/Mädchen abwechselnd. Während der Pause sind die Schüler draußen, auch bei Regen. Für diesen Fall gibt es ein „préau“ (Vordach), wo sie sich unterstellen können. In jeder Stunde müssen einige Schüler beweisen, dass sie ihre Lektionen brav auswendig gelernt haben.
Mittags stellen sich die meisten Schüler an, um in der Kantine zu essen. Pauline sagt: „Das Essen ist eklig“, aber ihre Mutter meint: „So bist du wenigstens den ganzen Tag über gut versorgt.“
Während dieser 75 Minuten langen Pause können die Schüler an manchen Tagen ins CDI gehen (Centre de Documentation et d’Information), wo es Computer mit Spielen und Filmen gibt, sowie viele interessante Bücher.
Die Fächer sind andere als in Deutschland, die Stunden dauern 55 Minuten, es gibt keine Pausen dazwischen, der Mittwoch ist bis zur 8. Klasse schulfrei, und es gibt drei Zeugnisse pro Schuljahr, in denen die mündliche Mitarbeit nicht bewertet wird.
Auch das Notensystem ist anders: Statt der Noten 1 bis 6 werden die Schüler mit 20 Punkten bewertet. 20 ist dabei die maximale Punktzahl, 0 Punkte die schlechteste. Andere Fächer sind beispielsweise „Technologie“, wo die Schüler technisches Spielzeug bauen, auch mit dem Computer. Latein ist eine Option, die man erst in der 7. Klasse wählen kann, Chemie gibt es nicht, nur „sciences physiques“ (Physik, Chemie).
Mit zweieinhalb Jahren werden die Kinder in die Maternelle eingeschult, wo sie schon Schreibübungen machen, danach kommen sie in die Grundschule, die „école primaire“, von der sie nach fünf Jahren auf das collège wechseln. Das ist eine Einheitsschule, ähnlich der deutschen Gesamtschule. Beim anschließenden lycée (Klassen 10–12) hat man die Wahl zwischen dem „normalen“ lycée und dem lycée professionnel, am Ende steht immer das baccalauréat (Abitur) – „klassisch“ oder berufsbezogen.
Klassenausflüge hingegen werden wie in Deutschland gemacht: Freizeitpark, Museum oder Zoo. In der 4. Klasse war Pauline in einer Skifreizeit, in der 6. Klasse war sie sogar in Griechenland und in der 7. Klasse mit der Englischlehrerin in London. Das alles hat ihr sehr gut gefallen. Knapp vier Wochen Ferien haben französische Schüler im Jahr mehr als ihre deutschen Kollegen. Aber dafür sind die Tage lang, nach Schulschluss um 17.15 Uhr stehen noch viele Hausaufgaben an, vor allem das Auswendiglernen der Lektionen. Und so können die Kinder nur selten ihre Freunde einladen.
Pauline ist sich sicher: „Mein Lieblingstag in der Woche ist Mittwoch: Dann habe ich endlich Zeit für meine Hobbies und meine Freundinnen“.
Julie Felder, Düsseldorf, Erzb. St. Ursula-Gymnasium