Löwenmähne, ebenmäßiger Teint, Schmollmund, Wunderbusen, Wespentaille und endlos Beine – kurz gesagt makellos schön. So lächeln sie von riesigen Plakatwänden, die Göttinnen der Neuzeit, auch Models genannt. Glatt, straff und allgegenwärtig sind diese scheinbar perfekten Frauen. Fleischgewordene Männerphantasien in „90-60-90“, für Durchschnittsfrauen oftmals der Auslöser für grobe Selbstzweifel und tiefste Unzufriedenheit.
Wer schön ist, hat Erfolg! Schöne Menschen haben größere Chancen bei der Partnerwahl, größere Aufstiegschancen im Job und verdienen besser. Das sind Geschichten, die die Werbung erzählt und sozialpsychologische Studien bestätigen. Das Aussehen ist heute sozial bedeutsamer als noch vor zwanzig, dreißig Jahren. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel steht unter permanenter Beobachtung.
Schön sein bedeutet heute vor allem körperliche Attraktivität und ewige Jugend. Der Körper ist mittlerweile ein Kultobjekt einer Diesseits-Religion. Glaubensvermittler sind „Vogue“, „Elle“ oder „Instyle“. Hier wird diktiert wie die ideale Frau auszusehen hat – size zero, faltenlose Gesichtszüge und perfekt sitzende Kleidung.
Models sind schön, ja sogar sehr schön. Doch selbst sie reichen an das Ideal nicht heran. Trotz aller Bemühungen mit Make-up, glamourösen Styling, dem richtigen Licht und den besten Fotografen des Planeten gibt es immer noch was zu mäkeln. „Es ist gar nicht so leicht, so schön zu sein wie man aussieht“, sagte einst die amerikanische Filmschauspielerin Sharon Stone. Die Retuscheure haben die Macht übernommen.
Mit digitalem Skalpell korrigieren sie, wo die Natur versagt hat. Die Augen größer, das Haar voller, die Beine länger. Photoshop macht’s möglich. Computer sei dank. Im Zeitalter der digitalen Fotografie ist niemand vor der Nachbearbeitung sicher. Alles scheint machbar. Das Aussehen kein gott- oder naturgegebenes Schicksal mehr, das man hinzunehmen hat. Eine hoch entwickelte Technik erlaubt es, den Körper als ein Gegenstand zu betrachten, den man mit digitalem Pinsel gestalten kann. Es entsteht ein Kunstwerk, eine Illusion die unrealistisch und unerreichbar ist.
Digitale Operationen sind schmerzfrei und schnell durchzuführen. Das Produkt ist die vermeintlich perfekte Schönheit. Diesem Idealbild zu entsprechen ist nicht nur unmöglich, sondern ihm nachzueifern kann sogar krank machen. Der Kontrollblick in den Spiegel wird kritischer. Die negative Erkenntnis dem Traumbild nicht zu entsprechen belastet die Seele und schwächt das Selbstbewusstsein.
Kein Model erscheint heute auf einem Werbeplakat oder in einer Modezeitschrift ohne Nachbearbeitung, das behauptet Anders Uschold, vereidigter Sachverständiger für analoge und digitale Fotografie.
Der Sinn des Lebens besteht für viele Menschen im Streben nach Glück und gutem Aussehen. Schön ist „in“, gut ist „out“. Frei nach dem Motto: Gute Mädchen kommen in den Himmel, schöne überall hin.
Luisa Stärkmann, Krefeld, Maria Montessori-Gesamtschule