Internet – Das personalisierte Web

Google, Yahoo, Delicious. Selbst Wikipedia. Beinahe alle großen Websites bieten heutzutage personalisierte Inhalte. Egal, ob ich Newsfeeds, die Sportergebnisse oder einen x-beliebigen Artikel lesen will: Das World Wide Web bietet mir die passenden Inhalte. Inhalte, die genau auf meine Person zugeschnitten sind. Ich erhalte Videoempfehlungen, Shoppingangebote und sonstige Werbung. Moment. Nein, Sie haben sich nicht verlesen. Dort steht wirklich „Werbung“.

„Werbung“ ist heute, neben „Netzzensur“ und „Atompolitik“, einer der am negativsten besetzten Begriffe bei deutschen Bürgern. Er steht für Kapitalismus, für Täuschung und vor allem für eins: Er ist der Inbegriff von Schikane, der Gipfel der Belästigung. Und nun bekomme ich auch noch Werbung, die genau auf mich zugeschnitten ist?

Ich interessiere mich für Sport, finde den VFL gut und verfolge auch die Eishockey-WM über meinen Facebook-Account. Und siehe da: In der Anzeigenleiste des US-Unternehmens flimmert eine Anzeige von „Intersport Hückelhoven“ auf. Neue Fußballschuhe wollen sie mir verkaufen. Sie dürfen raten, wie mein Gesicht da aussah. Richtig! Total gelassen, denn schließlich weiß ich, was Facebook mit meinen Daten macht. Nämlich nichts anderes, als sie zu einem Verbraucherprofil zusammenzusetzen und mich so für teures Geld zu verkaufen.

Was ich hier erzähle, ist übrigens kein aus dem Ärmel geschüttelter Unsinn. Auch Christian Pansch, Teamleiter Social Media bei der construktiv GmbH, erklärt im suchradar.de-Interview: „[Die Schaltung der Werbung] erfolgt zum Beispiel über diverse geografische und demografische Kriterien. So kann man seine Zielgruppe sehr spezifisch nach Wohnort, Alter, Geschlecht und den Angaben zur Ausbildung sowie des Arbeitsplatzes wählen – sogar der aktuelle Beziehungsstatus des Facebook-Nutzers ist ein mögliches Kriterium.“

Sie fragen sich jetzt: Warum nutzen Millionen von Usern diese personalisierten Dienste, wenn deren Anbieter so viel Unfug damit treiben? Ganz einfach! Es bringt ihnen Nutzen. Damit meine ich nun nicht nur die Medienkonzerne, sondern hier spreche ich explizit von den Nutzern der Webangebote. Wie bereits erwähnt, bleibe ich „up to date“ beim Fußball, und tagesaktuelle News bekomme ich auf diesem Wege schnell und zuverlässig auf den Bildschirm. Ich muss mich nicht an die festen Zeiten der Nachrichtensendungen halten, sondern starte nur meinen Webbrowser, surfe auf mein Google-Profil und sehe die Schlagzeile: „Allzeithoch der Grünen setzt sich fort.“ Zusammen mit einem Hinweis auf die Media Markt-Energiesparabteilung.

Inhalte wie diese werden fast kostenlos auf meinen Bildschirm gezaubert. Das Einzige, womit ich bezahle, ist „nur“ meine Privatsphäre.

Tobias Hofmeister, Wegberg, Edit-Stein-Realschule