Jeder Mensch ist im Durchschnitt täglich circa zwei Stunden in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder ICQ online. Doch bei vielen ist es sogar deutlich mehr, und das kann zu einer gravierenden Internetsucht führen.
Umfragen haben ergeben, dass die Hälfte aller Studenten und zwei Drittel der jungen Arbeitnehmer in der USA sich ein Leben ohne Internet nicht vorstellen können. Außerdem ist es erstaunlich, dass 50 Prozent der Menschen häufiger online miteinander kommuniziert als im realen Leben.
Die Menschen, die nach Facebook und Co süchtig sind, haben keine Kontrolle mehr darüber, wie lange sie im Internet bleiben. Sie haben das ständige Gefühl, etwas Wichtiges im Netzwerk zu verpassen. Und das führt dazu, dass sie sich weder bei der Arbeit noch in der Schule richtig konzentrieren können. Sie vernachlässigen ihre beruflichen und privaten Verpflichtungen, kümmern sich nicht um ihre realen sozialen Kontakte und auch nicht um ihre körperlichen Bedürfnisse wie Essen und Hygiene. Durch dieses unkontrollierbare Verlangen riskieren viele ihren Job und scheitern im Studium oder in der Ausbildung.
Für diese Sucht gibt es verschiedene Warnsignale. Die Toleranzentwicklung ist ein Beispiel. Die Süchtigen tolerieren dabei bewusst, wegen ihres Verhaltens mit den Eltern Streit zu bekommen und schlechtere Noten in der Schule zu schreiben. Das gefährlichste Anzeichen ist jedoch, wenn Freunde, Hobbies und Körperpflege vernachlässigt werden.
Der Schweizer Sozial- und Wirtschaftspsychologe Dominik Orth hat Nutzern vor ihren Augen den Facebookzugang gesperrt und sie dann befragt, wie sich das anfühle, um festzustellen, was passieren würde, wenn die Süchtigen keinen Zugang zum sozialen Netzwerk mehr hätten. Die Antworten waren schockierend, denn einige Leute sagten, das Gefühl vom sozialen Netzwerk ausgeschlossen zu sein sei vergleichbar mit dem plötzlichen Tod eines Elternteils.
Zudem wurde in der Universität Chicago eine Studie durchgeführt, in der 205 Personen untersucht wurden. Nach Angaben der Forscher würden sie für soziale Netzwerke alle Bedürfnisse bis auf Schlaf und Sex vernachlässigen. Außerdem stellte sich heraus, dass das Verlangen danach größer ist als nach Nikotin und Alkohol.
Bei einem Entzug entstehen tatsächlich körperliche Entzugserscheinungen. Die Betroffenen schwitzen, zittern, wirken verzweifelt, extrem nervös und ängstlich.
Der Wissenschaftler Hoffmann ist der Auffassung, dass es einfacher sei, sich von Alkohol und Nikotin fernzuhalten als von Facebook. Er sagte: „Das liegt an der vergleichbar einfachen Zugangsmöglichkeit und dem geringen Aufwand an der Teilhabe. Sozial-Media-Konsum hat für den Menschen anscheinend weniger Konsequenzen, dabei ist die Häufigkeit der Nutzung das Problem und der große Schaden ist die enorme Menge an verlorener Zeit.“
Für Eltern betroffener Kinder gibt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung besondere Ratgeber.
Stella Peschel, Wassenberg, Betty-Reis-Gesamtschule