Kommentar – Turbo-Abitur? – nein, danke

Die jetzigen Achtklässler an Gymnasien in NRW werden als erster Jahrgang das so genannte „Turbo-Abitur“ nach nur zwölf Schuljahren absolvieren. Die Schüler werden nach der zehnten Klasse sofort in die zwölfte Klasse versetzt, die elfte Klasse als Orientierungsphase in der Oberstufe fällt somit an Gymnasien weg, während an Gesamtschulen die Orientierungsphase im elften Jahrgang bestehen bleibt. Ob dies sinnvoll ist?

Diese Schülerinnen und Schüler können – wenn sie es denn in der verkürzten Lernzeit schaffen – natürlich früher in Beruf oder Studium einsteigen, müssen dafür aber Unterrichtsstoff abarbeiten, für den andere Schüler bisher ein Jahr länger Zeit hatten. Doch nicht nur die jetzigen Achtklässler an Gymnasien machen sich Sorgen um ihr Abitur, auch die Neuntklässler sind ziemlich gestresst.

Denn wenn nun ein Schüler das Schuljahr wiederholen muss, so käme er in den so genannten G-8-Jahrgang und ihm würde ein Jahr fehlen, obwohl er sicherlich Zeit bräuchte, den fehlenden Stoff in Ruhe nachzuholen. Ob da insgesamt für Schüler, die sich entwickeln, noch Zeit für Freizeit, Vereinstätigkeiten und Erholung bei diesem hohen Lernpensum bleibt, ist wohl äußerst kritisch zu hinterfragen.

Schaut man sich die aktuellen Pisa-Ergebnisse an, so sollte man den Schülern doch eher entgegenkommen und ihnen den Druck nehmen, um in Ruhe den Lernstoff erarbeiten zu können und ihr Niveau zu verbessern. Möglicherweise besteht die Gefahr, dass immer weniger Schüler in NRW das Abitur schaffen werden, weil sie dem Druck nicht standhalten können?

Dies wäre eine verheerende Folge der schulpolitischen Maßnahme, die eigentlich zur Weiterentwicklung des Bildungswesens gedacht war. Dann hätten wir zwar jüngere Berufsanfänger und Studenten, aber möglicherweise sinkt dann auch der Anteil an Studenten oder Ausbildungsberufen mit höherem Bildungsabschluss.

Somit muss man sich die Frage stellen, ob diese Maßnahme für alle Beteiligten eine sinnvolle Neuerung darstellt und wirklich dazu beiträgt, das Bildungsniveau in Deutschland zu verbessern.

Lena Schippers, Wassenberg, Betty-Reis-Gesamtschule