Stressige und lange Arbeitstage: – Ein Wochenende auf einem Milchviehbetrieb

Die Preissenkungen des Lebensmittelhandels bei Milchprodukten bringen die Landwirte in Bedrängnis. Ein Milchboykott droht! Wir haben uns ein Wochenende auf einem Milchviehbetrieb umgeschaut:

Freitagmorgen 5.30 Uhr: Während bei einem Großteil der Bevölkerung der letzte Arbeitstag vor einem lan-gem Wochenende ansteht bzw. sich die ersten auf den Weg in einen Kurzurlaub befinden, schellt beim Azubi Christoph L. der Wecker, Beginn eines arbeitsreichen Wochenendes.

Christoph ist Auszubildender im dritten Lehrjahr und bewirtschaftet zusammen mit seinen Eltern einen landwirtschaftlichen Betrieb im Kreis Kleve. Der Betrieb hat sich auf die Milchviehhaltung spezialisiert, deshalb werden heute Morgen als erstes die 110 Milchkühe gemolken. „Für das Melken der Kühe brauche ich morgens und abends jeweils ca. zweieinhalb Stunden. Unser Betrieb produziert zwischen 2500 und 3500 Liter Milch täglich. Diese wird alle zwei Tage abgeholt und in einer belgischen Molkerei zu Trinkmilch und Milchpulver für den menschlichen Bedarf verarbeitet,“ erklärt Christoph.

Doch nun zurück in den Melkstand. Christoph reinigt zuerst die Euter mit Papier und hängt dann das Melkzeug an. 12 Kühe können gleichzeitig gemolken werden. Wenn die Kuh leer ist, wird das Melkzeug automatisch abgenommen. Jetzt werden nur noch die Zitzen desinfiziert, Fertig! Auf zur Nächsten!

Währenddessen versorgt der Betriebsleiter Richard L. die Kälber und legt den Kühen mit dem Mischwagen frisches Futter vor. „Jede Kuh bekommt ca. 50 Kilo einer Mischung aus Grassilage, Maissilage, Pressschnitzeln (Rest der Zuckerrübe aus der Zuckerproduktion) und einer Kraftfuttermischung aus Körnermais, Rapsschrot und Sojaschrot,“ sagt der Betriebsleiter.

8.30: Beim Frühstück überlegt die Familie, wie sie die anstehende Grassilage Gewinnung am Wochenende arbeitsmäßig hinbekommt. Samstagmittag und Sonntag will der Lohnunternehmer die 60 Hektar Gras des Grünlandes häckseln. „Da Grassilage ein Hauptbestandteil der Fütterung für das Rindvieh ist, hängt viel von einer optimalen Ernte ab.“

Nach kurzer Diskussion beschließen sie, mit dem Mähen erst am Freitagabend zu beginnen, damit das Gras wegen des warmen und windigen Wetters nicht zu trocken wird. „Mähen, Wenden und Zusammenschwaden werden mit Betriebseigenen Maschinen durchgeführt. Das Häckseln, Transportieren und Festfahren des Grases erledigt der Lohnunternehmer. Da dieser mehrere Betriebe hintereinander bedient, wird der Erntetermin im Voraus mit ihm abgesprochen,“ erklärt Richard L.

Denn Freitag verbringt der Betriebsleiter mit den letzten Vorbereitungen, er tankt die Traktoren, hängt die Maschinen an und plant das weitere Vorgehen. Christoph hilft an diesem Tag in seinem Lehrbetrieb des ersten Lehrjahres bei der Maisbestellung.

18.00: Da die Kühe abends von einem Mitarbeiter der täglich ca. 3 Stunden auf dem Betrieb hilft gemolken werden, kann Richard L. mit dem Mähen beginnen. „Das Gras wird durch rotierende Messer abgeschnitten, durch eine sich drehende Walze mit Stahlzinken (Aufbereiter) gezogen und dann locker abgelegt. Das Mähwerk schafft ca. 3 Hektar pro Stunde,“ sagt der Betriebsleiter.

24.00: Feierabend, 18 Hektar sind gemäht.

10.5.08 Samstagmorgen 5.30 Uhr: Melken ist eine tägliche Arbeit und deshalb ist Christoph bereits schon wieder auf den Beinen.

9.00: Nach dem Frühstück löst er seinen Vater beim Mähen ab. Bis jetzt hat es keine größeren Probleme oder Schäden an der Maschine gegeben.

11.00: Zu früh gefreut, das Handy des Betriebsleiters klingelt. Ein Keilriemen des Traktors droht zu reißen und muss ersetzt werden. Richard L. fährt in die Fachwerksatt und besorgt einen neuen Kielriemen. Schnell ist das Problem behoben.

13.00: Der Lohnunternehmer ruft an um Bescheid zu sagen, dass es um 16.00 Uhr losgehen kann. Jetzt wird es höchste Zeit das gemähte Gras in Reihen (Schwaden) zu legen. Das übernimmt Stefan L., der zweite Sohn, der eine Arbeitsstelle auf Haus Riswick hat.

16.00: Der Lohnunternehmer kommt mit 4 Fahrzeugen. ein Häcksler, der das Gras aufnimmt und zerkleinert, zwei Traktoren mit Wagen, die das Gras zum Silohaufen transportieren und dort ablegen und einem Radlader, der das Gras verteilt und festfährt. Jetzt kommt Wagen nach Wagen am Silohaufen an und dieser wächst von Stunde zu Stunde. Für heute ist geplant bis 22.00 Uhr zu häckseln.

11.5.08 Sonntagmorgen 5.30: Auch heute werden die Kühe gemolken.

6.30: Der Häcksler läuft schon wieder auf Hochtouren, die ersten Wagen treffen am Silohaufen ein. Heute sind bereits 6 Maschinen im Einsatz. Denn auch das Mähen und Schwaden muss weitergehen.

9.00: Es tritt ein Problem auf: Stefan kommt mit dem Schwader zurück zum Betrieb. Ein Lager ist zu Bruch gegangen und muss ausgetauscht werden. Zum Glück ist das Ersatzteil bereits vorhanden und nach einer halben Stunde Arbeit und viel öligen Fingern ist der Schaden behoben.

12.30: Kurze gemeinsame Mittagspause. Alle sind mit dem bisherigen Arbeitsablauf zufrieden.

13.15: Es geht schon wieder weiter. 40 Hektar sind bereits eingefahren und zu einem ca. 10 Meter breiten, 3 Meter hohen und 60 Meter langen Haufen aufgeschichtet.

20.00: Endlich trifft der letzte Wagen ein. Feierabend? Noch lange nicht! Denn jetzt muss der Grashaufen mit zwei Folien und einem Schutznetz abgedeckt werden. Hierzu packen alle mit an. „Zum Glück hat sich der starke Wind, der den ganzen Tag wehte gelegt. Nur durch ein dichtes Abschließen wird die Silage haltbar,“ sagt Christoph L.

22.00: Ende eines etwas anderen Pfingstwochenendes!

Diese Reportage über ein Erntewochenende auf einem landwirtschaftlichen Betrieb am Niederrhein macht deutlich, mit welchem Engagement und Einsatz auf vielen landwirtschaftlichen Familienbetrieben 365 Tage im Jahr gewirt-schaftet wird um qualitativ hochwertige Lebensmittel für die Bevölkerung zu erzeugen. Verständlich ist dann auch der Frust vieler Landwirte, wenn sie mit ihrer Arbeit einen Lohn erzielen für den manche Morgens erst gar nicht aufstehen würden.

Anna Lamers, Goch, Coll. Augustinianum Gaesdonck