Ohne Handy geht gar nichts – Handy: „Wie soll mein Mensch ohne mich leben?“

Ich bin ein Handy. Das Neuste auf dem Weltmarkt. Langsam aber sicher werden Medien wie ich für Menschen unverzichtbar. Wir übernehmen alle Fähigkeiten von ihnen, nur viel perfektionierter. Wir sind die besten und wichtigsten Freunde des Menschen.

Meine Aufgaben sind es, die Tiefschlafphasen meines Herrn zu bestimmen und ihn zu wecken, wenn eine solche geendet hat. Ich spiegele sein morgendliches Aussehen mit seinen in alle Richtungen abstehenden Haaren mit wählbarer Größe. Er braucht mich einfach nur wie früher eine Landkarte auffalten und die Displaygröße mit den Fingern bestimmen. Ich entschlüssele die Gefühle meines Herrn, die sich in seinem Gesicht widerspiegeln und handle nach seinen Stimmungen.

Ich kontaktiere nach seinen Wünschen verschiedene Haushaltsgeräte, wie die Kaffeemaschine oder den Herd. Dank mir braucht er nicht einmal mehr den Knopf der Kaffeemaschine zu betätigen, da der Kaffee bereits dampfend in seiner Tasse duftet, wenn er kommt. Wahrscheinlich würde er den Knopf gar nicht mehr finden. Ich zeige ihm den besten und schnellsten Weg zu seinem Arbeitsplatz, lenke ihn um alle Staus herum, in die er ohne mich mit Sicherheit geradewegs hinein gefahren wäre.

Ich zeige ihm, was seine Frau und seine Kinder gerade anstellen und trage seine regelmäßigen Wutausbrüche, bei denen er mich gegen die Wand wirft, gelassen. Ich werte seine Launen aus und spiele ihm je nach diesen seine Lieblingslieder. Ich liste ihm alle Ereignisse und zu verrichtende Arbeiten auf, die für den jeweiligen Tag anstehen.

Ich zappe für ihn durch sein Lieblings-Fernsehprogramm und spiele nach Belieben Filme ab. Er sagt mir den Inhalt einer Nachricht und ich schreibe sie auf und schicke sie ab. Ich kontaktiere auf Wunsch seine zahnlose Großtante mütterlicherseits und schicke Videobotschaften über das Wetter hin und her.

Wenn der Tag sich dem Ende neigt, führe ich ihn wieder auf dem besten Weg nach Hause. Ich sage ihm, wie spät er ins Bett gehen muss, um am nächsten Morgen ausgeschlafen zu sein.

Ganz schön riskant. Wenn ich nicht mehr funktioniere, ist er wirklich verloren. Ich bin sein ständiger Begleiter. Ich denke und handle für meinen Herrn.

Wie soll er ohne mich leben?

Paulina Weiss, Goch, Coll. Augustinianum Gaesdonck