Alles um mich herum knallt, sowohl die Druckluft, die aus den Luftgewehren schießt, als auch die Bierdeckel, die auf den Boden fallen.
So oder so ähnlich ist die Vorstellung von manchen Menschen, die nicht mehr von den Schützen kennen oder kennen wollen als eine alte konservative Zusammenschließung von karnevalsbegeisterten Trotteln.
Doch in Wirklichkeit verbirgt sich viel mehr hinter dem Namen „Schützen“. Die Schützen sind eine Gemeinschaft, die sich sowohl sportlich als auch in sozial engagiert. Einerseits wird jede Woche zusammen mit den aktiven Vereinsmitgliedern trainiert, um sich mit den zahlreichen anderen Vereinen messen zu können, aber andererseits entstehen Freundschaften und die eine oder andere Liebe.
Ich habe selten eine Gemeinschaft gesehen, die bereit ist, für einen großen sportlichen Erfolg auch mal am Sonntag, vielleicht während der Kaffees, sich umzuziehen und sich dann zur Begrüßung auf zu machen und den Sieger zu erwarten. Auch wenn dort natürlich das eine oder andere Bier getrunken werden darf, ein Ereignis wie die Begrüßung eines neuen Diözesanschülerprinzens an einem Sonntag und noch während der Kirmeszeit sagt, meiner Meinung nach, viel über die Schützengemeinschaft aus.
Außerdem sollte man auch wenn man von „Schützen“ spricht daran denken, dass die Menschen die sich einer Bruderschaft oder eine Gilde anschließen, sich tief mit dem Christentum verbunden fühlen. So sagt es auch der oberste Glaubenssatz des Bundes der historischen deutschen Schützenbruderschaften, mit „Glaube, Sitte, Heimat“. „Einstehen für den Glauben bedeutet für die Schützenbrüder, dass sie sich nach den christlichen Werten richten wollen. Um das Leitwort Sitte zu verwirklichen, treten die Bruderschaften im privaten und öffentlichen Leben für die christliche Kultur ein. Die Liebe zu Heimat und Vaterland zeigt sich u.a. durch tätige Nachbarschaftshilfe, die die Bruderschaften leisten.“, so schreibt die Homepage des Bundes.
Für mich heißt das, dass ich nicht im Schützverein bin um dort mein Ding durchzuziehen, oder in der Schnelle eine Flasche Bier zu trinken, sondern im Schützenverein zu sein bedeutet für mich die Traditionen zu achten nach denen wir Leben, nebenbei etwas für die Gemeinschaft zu tun und zusammen mit den Mitgliedern aller Schützengilden und Bruderschaften nach sportlichem Erfolg zu streben.
Auch meine Familie ist seit langem schon den Schützen zugewandt, ich selbst habe auch schon einige Erfolge feiern dürfen und an der großen Gemeinschaft teilhaben dürfen. Die St. Antonius Gilde Kevelaer besteht nun mehr seit 1531, eine so lange Zeit kann ein Verein nur bestehen, wenn seine Mitlieder die Traditionen und Pflichten pflegen und so geschieht es auch noch heute.
Meine Familie zählt seit 4 Generationen zu den stolzen Mitgliedern der „Männ“; wie die Gilde umgangssprachlich genannt wird. Zu den Traditionen gehören z.B. das Tragen eines Traditionsanzuges, aber auch viele ganzjährige Termine. Ich möchte nun ein paar davon aufzählen und ein bisschen erklären:
Jedes Jahr am 17. Januar dem Namenstag des heiligen Antonius wird das Patronatsfest gefeiert.
Am 1. Mai findet, mit Ausnahme diesen Jahres, das Schießen auf einen Holzvogel für die Preis- und Königs- bzw. Prinzenehre statt. Im feierlichen Zug wird mit musikalischer Begleitung durch traditionelle Melodien der Marsch zum Präsidenten und danach zum alten König angetreten. Dort wird das Fahnenschwenken zur Ehre des Königs durchgeführt, welches die Fesselung und Entfesselung des heiligen Sebastianus bei seinem Martyrium verbildlichen soll. Nach einer kleinen Pause ist das nächste Ziel des Festzuges nun die Vogelstange, an der der „Kampf“; ausgefochten wird.
Nach der Siegerehrung am Abend wird der Marsch zum neuen König angetreten, bei dem noch einmal ein Fahnenschwenken stattfindet. Nach einer weiteren kurzen Pause zieht nun der Verein wieder zu seinem Stammlokal auf den Kapellenplatz in Kevelaer, in dem dann der neue König noch ausgiebig gefeiert wird.
Außerdem findet jedes Jahr zu Christi Himmelfahrt die Kirmes in Kevelaer statt. Am Samstag nach Christi Himmelfahrt findet der Hauptfesttag mit Festmesse, Festfahnenschwenken und Festumzug durch Kevelaer statt. Die rund 500 Schützen in Kevelaer versammeln sich dazu traditionell auf dem Kapellenplatz, um von dort in einem gemeinsamen Zug zum Rathaus der Stadt zu ziehen und den Festkettenträger abzuholen. Danach feiern die geselligen Vereine zusammen die heilige Messe in der Marienbasilika. Nach dem Ende wird zu Ehren des Festkettenträgers auf dem Kapellenplatz das jedes Jahr populärer werdende Fahnenschwenken vollzogen.
Danach stellt sich der Festzug, der noch von den Sportvereinen und weiteren Musikvereinen ergänzt wird, für eine Parade des Festkettenträgers, des Platzkommandanten, deren Adjutanten und mit den geistlichen und politischen Vertretern der Stadt auf. Nachdem die Parade abgehalten wurde zieht nun der Umzug durch die Stadt. Im weiteren Verlauf des Tages wird dann noch ausgiebig im Festzelt gefeiert.
Nicht zu vergessen sind außerdem die sportlichen und festlichen Tage zugleich an denen die Würdenträger der Bezirke, Diözesen und des Bundes ausgeschossen werden. An diesen Tagen versammeln sich immer sehr viele Schützen und Nicht-Schützen an den Austragungsorten, die in ganz Deutschland verteilt sind.
Abschließend hoffe ich, dass ich mit meinem Überblick über das Schützenjahr einige Vorurteile ausräumen konnte und denen, die interessiert daran sind Mitglied in der Schützengemeinschaft zu werden noch zusätzliche Informationen geben konnte. Traditionell: „Gut Schuss“
Tobias Aymanns, Goch, Coll. Augustinianum Gaesdonck