„Wenn Sie die Wahl hätten, würden Sie wieder Arzt werden?“ „Ja, es ist und bleibt mein Traumberuf!“, sagt uns ein erfahrener Arzt im Interview.
Das Papier raschelt, als er den großen Stapel der heute anliegenden Verwaltungsbögen ordnet. Auf die Frage, wofür man so viele Papiere ausfüllen müsse, antwortet er, dass der „Papierkram“ in den letzten Jahren immer mehr geworden sei, so dass die eigentliche Zeit mit dem Patienten sehr stark reduziert worden sei.
Nach seinem sechsjährigen Studium wählte der heutige Frauenarzt (Gynäkologe) die Arbeit in einem öffentlichen Krankenhaus. „Die schlimmste Situation für einen Geburtshelfer ist, wenn das Kind die Geburt nur mit Schäden oder schlimmen Folgen übersteht. Manchmal entscheidet weniger als eine Minute über Gesundheit und bleibende Schäden, solche Situationen fühlen sich dann wie Stunden an.“
Genervt geht er die Verwaltungsbögen durch, worauf wir ihn fragen, wie lange er durchschnittlich pro Woche arbeitet. Ein Arzt arbeitet rund 60 Stunden pro Woche, zusätzlich die Bereitschaftsdienste. Gesetzlich angegeben sind jedoch 38,5 Stunden, der Rest sind unbezahlte Überstunden. Könnte man alle Überstunden auf einmal frei nehmen, müssten viele Ärzte wahrscheinlich ein Jahr lang nicht arbeiten. Die Urlaubsregelung hängt vom Tarifsystem und damit auch vom Alter des Arztes ab.
„Dadurch, dass die Krankenhäuser weniger Betten, kürzere Liegezeiten und damit insgesamt mehr Patienten (Behandlungsfälle) haben, steigt der Stresspegel stetig“, so der langjährige Arzt. Durch die sich seit 15 Jahren ständig ändernde Arbeitsstruktur werden alle Arbeitsressourcen der Krankenhäuser vollständig ausgeschöpft. So wird jeder neue Notfall zu einem neuen Stressfaktor. Die Finanzprobleme der Krankenhäuser werden stark durch die politische Situation beeinflusst.
Im operativen Arbeitsalltag wechseln sich ambulante OPs mit kurzer Dauer und schnellen Wechselzeiten mit langwierigen technisch aufwändigen Operationen, etwa bei bösartigen Erkrankungen, ab. Einzelne Operationen können durchaus acht bis neun Stunden dauern.
Er lächelt, als er die Frage „Macht Ihr Job Ihnen noch Spaß?“ hört. Seine Antwort: „Es macht mir weiterhin Freude, Menschen zu helfen, doch die Verwaltungsarbeit macht natürlich keinen Spaß!“
Corinna Mrosek, Alexandra Kalisch und Praveena Pirabaharan, Erkelenz, Cornelius-Burgh-Gymnasium