Aus dem Konfirmationsunterricht bringt unsere Autorin eine Geschichte mit, die bewegt.
Wir wurden diese Woche im Konfirmationsunterricht von unserem Pfarrer gefragt, wer Janusz Korczak sei. Niemand von uns wusste das. Deshalb fing er an, uns zu erzählen, dass Janusz Korczak ein Kinderarzt und Schriftsteller aus Polen war. Damals, bevor der zweite Weltkrieg angefangen hatte, war er Leiter eines katholischen und eines jüdischen Waisenhauses.
Als der Zweite Weltkrieg mit dem Überfall auf Polen begann, wurde er, als Nicht-Jude, erneut Leiter eines jüdischen Waisenhauses. Nur lag dieses Waisenhaus im Warschauer Ghetto. Janusz Korczak konnte sehr gut Geschichten erzählen und die Kinder waren immer begeistert über diese fantastische Ablenkung. Der Kinderarzt und Schriftsteller half den Kindern sehr in dieser schweren und harten Zeit. Janusz Korczak soll jederzeit die Möglichkeit gehabt haben, nach London auszuwandern, nur er meinte oft: „Man lässt ein krankes Kind nachts nicht allein, und man lässt Kinder in diesen Zeiten nicht allein.“
Sie lebten eine Zeit lang in dem Ghetto, bis zu einem Tag im August 1942. An diesem Tag sollte sich alles für die Kinder und auch für Janusz Korczak ändern. Er und 200 Kinder aus dem Waisenhaus kamen in das Vernichtungslager Treblinka. Der Leiter des Waisenhauses wusste, dass dies der letzte Weg der Kinder und auch für ihn sein könnte. Als sie in dem Konzentrationslager waren, mussten die jüdischen Kinder sofort in die Gaskammern gehen. Janusz Korczak überlegte angeblich nicht lange und ging auch in die Kammer, obwohl er immer hätte sagen können, dass er jetzt gehen wolle, da er kein Jude sei. In der Gaskammer fing er an, eine von seinen tollen Geschichten zu erzählen. Die Kinder hörten ihm wie immer gespannt zu und merkten so gar nicht, dass sie in dieser Kammer mit ihrem Geschichtenerzähler starben.
Von dieser Geschichte und diesem mutigen Menschen hatten wir alle noch nie etwas gehört. Innerlich war ich bewegt und traurig – zum Einen darüber, dass Menschen zu jener Zeit in der Lage waren, tausende Menschen mit Gas in Konzentrationslagern zu töten; zum anderen darüber, dass es Menschen wie Janusz Korczak gab, die bis zum Schluss Helfer blieben und großen Mut bewiesen. Ich hätte mir lieber einen anderen Ausgang für diesen Helden gewünscht.
Unser Pfarrer merkte, dass uns diese Geschichte mitnahm und so nahm er uns mit auf den jüdischen Friedhof. Dort haben wir als Andenken an die verstorbenen Juden, wie es ein alter jüdischer Brauch ist, Steine auf die Grabsteine gelegt. Außerdem hoffen wir, dass wir damit ein Zeichen gegen die Judenverfolgung gesetzt haben und dass so etwas wie zur Zeit der Zweiten Weltkriegs in der Zukunft nie wieder passiert.
Cora Haertwig, 8a, Otto-Hahn-Gymnasium