Sich jeden Tag behaupten müssen, das kann häufig ganz schön stressig sein, finde ich. Es gibt eben nicht nur schöne Momente, manchmal reicht eine Geste, ein blöder Spruch, ein Schritt zu weit nach vorn, um Angst zu machen.
Diese Angst hat mir ziemlich zugesetzt, bis vor einem Jahr! Da habe ich das Kickboxen für mich entdeckt.
Kickboxen ist durchaus nicht der typische Mädchensport, dennoch interessieren sich in den letzten Jahren mehr und mehr Mädchen und auch Frauen für Kampfsport, sagt mein Trainer Michael Kuhn, der selbst seit 40 Jahren Kampfsport treibt und die Kampfkunstschule in Düsseldorf führt, um sein gesammeltes Wissen weiterzugeben. Das liegt wohl zum einen daran, dass Mädchen sich nicht mehr gerne zum Opfer machen lassen und vor Machtmissbrauch und Grenzüberschreitungen besser schützen wollen.
Zum anderen ist es eine Sportart, die Fitness, Reaktionsvermögen, Schnelligkeit und Technik verbindet, ein Vorteil für Frauen. „Mädchen sind in der Selbstverteidigung häufig besser, da sie weniger auf Kraft aus sind als Männer, mehr Interesse zeigen und fleißiger üben“, weiß mein Trainer aus Erfahrung. Das Training von Männern und Frauen findet deshalb auch getrennt statt, da die Schwerpunkte und Zielsetzungen bei beiden Geschlechtern doch unterschiedlich sind. Ein großer Teil des Männertrainings beinhaltet zum Beispiel die Abhärtung.
Die Sportart Kickboxen entstand während der siebziger Jahre in den USA. Sie entwickelte sich aus Techniken des Karate (Fußtechniken oder Kicks) und Boxen (Fausttechniken). Kickboxen gibt es als Wettkampfdisziplin seit 1974 in Europa bzw. Deutschland. So werden bei jedem Training die Grundtechniken des Boxens und Kickens, Kampfstellung, Paraden und Meidbewegungen geübt. Nach einer Aufwärmphase mit Seilspringen und Laufen gehen wir zum Schattenboxen über, das Boxen vor dem Spiegel. Durch Beobachten der Tritte und Schläge im Spiegel werden sowohl Fitness, als auch Schnelligkeit trainiert, sowie Fehler in der Technik korrigiert. Danach werden die Techniken mit einem Partner sowie am Gerät (Schlagpolster und Sandsack) geübt. Dazu trägt man Boxhandschuhe. Erst dann gehen wir zum Sparring, dem Übungskampf, über. Im Laufe der Zeit kommen immer neue Techniken und Kombinationen am Sandsack, beim Schattenboxen und Sparring dazu. Ziel ist es, nicht nur die Techniken zu beherrschen, sondern auch das richtige Timing.
Nach dem Training fühle ich mich so ziemlich ausgepowert, aber gut. „Der Effekt des Trainings“, so beschreibt es mein Trainer Michael Kuhn, „wirkt sich auf Körper und Geist aus. Es fördert nicht nur Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit, sondern gleichermaßen Konzentration und Motivation. Das führt zu einer besseren Lebenseinstellung.“
Und er hat Recht, irgendwie fühle ich mich besser, ausgeglichener. So einigen Frust und Stress konnte ich schon wegboxen und -treten, aber vor allem macht es mir einfach sehr, sehr viel Spaß.
Rosa Schüll, 8d, Max-Planck-Gymnasium, Düsseldorf