Schule bis zum Nachmittag, danach Flöten- und Reitunterricht. So und ähnlich sieht mittlerweile der Alltag Jugendlicher aus. In einer öffentlichen Umfrage gaben 13 von 15 Befragten an, oft oder sogar täglich unter Stress zu stehen.
Der Grund: Nicht wie oft erwartet familiäre Probleme oder Krisen im Freundschaftsbereich, sondern Schule und Hobbys. Die Umfrage ergab, dass die Hälfte der Befragten nur aufgrund ihrer Eltern ihren scheinbaren Hobbys nachgehen. Meist war es das Spielen von Instrumenten, Sport hingegen wurde in den meisten Fällen als willkommene Abwechslung vom Schulstress betrachtet. Warum? Dies fragen sich nun schon seit mehreren Jahren Politiker und vor allem die Schüler. Permanenter Leistungsdruck, der Drang zur Perfektion, das alles führt bei Kindern und Jugendlichen zu vielen Problemen. So ist es vielen gar nicht mehr möglich, regelmäßig Freunde zu treffen. Sonst „müsse ja eine der wichtigen Freizeitaktivitäten ausfallen“, sagen die Eltern. Nur, dass ihre Kinder unter Freizeitaktivitäten bei weitem etwas anderes als Flötenspiel verstehen.
War es früher noch eine „lästige“ Pflicht am Morgen, so lernen die Kinder heute nicht nur in der Schule und später bei den Hausaufgaben. Nein, das Pauken dauert bis in den späten Abend, oft muss auch das bei den Eltern so beliebte „Flötenspiel“ darunter leiden. Offiziell soll ein Schüler der achten Klasse allerhöchstens 120 Minuten seiner Freizeit auf Hausaufgaben verschwenden. In der Realität bekommt das Ganze eine etwas trübere Nuance, denn fast alle Befragten gaben an, länger an ihren Aufgaben zu sitzen, dass Vokabeln lernen ausgenommen.
Da fragen sich die Menschen, ist es sinnvoll unseren Sinn für Perfektion auf unsere Kinder zu projizieren? Sollten wir tatsächlich die Idee eines schnelleren Abiturs verfolgen, obwohl die meisten unserer Kinder dagegen sind? Denn G8 wird wohl nicht unschuldig an dem plötzlichen Leistungsdruck sein. Selbst die hochgelobten Ganztagsschulen können gegen den unerbittlichen Lernschwall nichts ausrichten. Die Lehrer, vielleicht auch der Staat, meinen, Schüler können ruhig Mathe lernen. Mathe allein wäre nicht das Problem, doch oft wird vergessen, dass auch noch Englisch, Deutsch, Chemie, Biologie, Physik, Geschichte, Politik, Wirtschaftslehre, Informatik, Latein, Französisch, Spanisch, Italienisch, Musik, Kunst und Sport auf dem Stundenplan steht.
Denken Sie immer noch, Schüler stünden nicht unter Leistungsdruck? Und wenn man im Bus ein Gespräch verfolgt, in dem sich Grundschüler über den Sporttest am nächsten Tag unterhalten, fragt man sich auch, ist dieses Verhalten noch gerecht unseren Kindern gegenüber?
Maximiliane Hafele, Neuss, Erzbischäfliches Gymnasium Marienberg