Jedes Jahr veranstaltet die Gocher KulTOURbühne einen musikalischen Meisterkurs, an dem Schüler aus drei Ländern teilnehmen. Bei der „Stringtime Niederrhein“ spielen die jungen Musiker gemeinsam in einem Orchester und geben verschiedene Konzerte.
Es riecht nach Holzpolitur. Anspannung und Vorfreude liegen in der Luft. Ein paar Schüler eilen noch schnell an ihren Platz, bevor es losgeht, und richten ihre Notenblätter. Da hebt der Dirigent auch schon die Arme, alle Augen sind auf ihn -gerichtet, alle Instrumente bereit. Mit dem Beginnen seines Dirigats fängt auch die „Stringtime Niederrhein“ wieder an.
Jedes Jahr, Anfang der Osterferien, veranstaltet die Gocher KulTOURbühne einen trinationalen Meisterkurs für junge Streichtalente. Jugendliche aus Deutschland, Polen und den Niederlanden dürfen hier eine Woche lang intensiv üben, Unterricht nehmen, sich gegenseitig austauschen und das Gelernte dann in diversen Konzerten aufführen. Da-runter sind Hauskonzerte, ein Kammer- und ein Solistenkonzert. Letztere finden immer an verschiedenen Orten in der Region statt.
Für die Orchesterproben, die jedem Zuschauer offenstehen, wird die Bühne des Kastells genutzt. Das Orchester fängt an zu spielen, und die Musik breitet sich im Saal aus. Es ist für alle beteiligten Musiker ein unglaubliches Gefühl, mitzuspielen und Teil eines so großen Orchesters sein zu können. Doch schon bald stimmt etwas nicht mehr. Die Schüler sind nicht mehr alle im Takt, manche spielen an einer anderen Stelle als die anderen. Der Dirigent winkt ab. Er wirkt nicht verärgert, nur seine Stirn ist ein bisschen gerunzelt.
Aber für solche Fälle sind die Proben ja da. Auf dem Probenplan der jungen Musiker und Musikerinnen stehen jeden Tag Orchester- und Kammermusik. In diesen Stunden werden gemeinsam Stücke geübt, die schon ein paar Wochen vorher im Internet zu finden waren, sodass -alle sie schon einmal für sich allein einüben konnten.
Außerdem haben alle Schüler mindestens fünf Mal einen 45-minütigen Einzelunterricht, in dem sie mit einem Lehrer ihre eigenen Solovorspielstücke üben. Dazu wird ein elfköpfiges Dozententeam von den Hochschulen der drei teilnehmenden Länder eingeladen. Die Astrid-Lindgren-Schule sorgt dafür, dass genügend Räumlichkeiten zur Verfügung stehen.
Später schallt durch die Gänge ein lautes Klacken. Um den Kicker im Eingangsbereich steht ein halbes Dutzend Mädchen und Jungen, spielen gegeneinander oder feuern die beiden Mannschaften an. „Tooor!“, ruft die Siegermannschaft und klatscht sich lachend ab. Die Verlierer sind aber keinesfalls enttäuscht, sie fordern sofort eine Revanche. Leider geht die Tür auf und die Gasteltern der ausländischen Teilnehmer trudeln ein. Und so wird das Rückspiel auf den nächsten Tag verschoben.
Die aufgestaute Energie wird immer gerne am Kicker abgebaut, der extra für die Jugendlichen dort aufgestellt wurde. Wenn nicht gerade geübt wird, ist er so gut wie immer von jemandem besetzt und der Ball rollt pausenlos. Wenn die Gasteltern ihr Kind mal suchen, ist es ihnen anzuraten, zuerst dort nachzusehen.
Die etwa 9- bis 15-Jährigen werden für die Dauer der Akademie nämlich bei Gasteltern untergebracht, die sich gut um ihre jungen Gäste kümmern. Einige kennen diese schon mehrere Jahre lang, denn die „Stringtime“ ist mit ihrer einzigartigen Atmosphäre eine Erfahrung, die jeder gerne wiederholt. „Ich freue mich schon sehr auf das nächste Jahr“, sagte eine Geigerin aus der Gegend, die schon zum zweiten Mal an der „Stringtime“ teilnimmt.
Und so geht es nicht wenigen. Denn sowohl im solistischen Bereich wie auch im Zusammenspiel steht der Spaß nicht an letzter Stelle. Wer denkt, dass die Sprachbarriere ein Hindernis sei, liegt falsch. Die jungen Musiker verständigen sich zur Not mit Händen und Füßen, sofern dies nötig ist. Denn Musik ist eine Sprache, die hier jeder versteht.
Marie Haas, 8b, Gesamtschule Mittelkreis Goch