Viele Menschen zocken stundenlang Videospiele oder hängen vorm TV – ein Plädoyer fürs gute alte Buch.
Die Seiten unter deinen Fingerkuppen sind dir vertraut. Hast du ein Buch in der Hand, fühlt es sich wie ein zweites Leben an, in das du schlüpfen kannst, wenn dir danach ist. Das Buch ist dein Zuhause. Beim Lesen werden zwei Seiten zu hundert und eine Stunde zu drei. Die Augenringe können noch so tief sein, die nächste Lesenacht wird trotzdem nicht kürzer.
Denn wenn du da so sitzt, die Seiten im Lesefluss umblätterst, dann merkst du gar nicht, wie du jedes einzelne Wort aufsaugst, wie jeder Buchstabe zu mehr wird als nur einem Wort oder einem Satz, wie er Teil einer Welle aus Emotionen wird.
Lesen ist wie ein Tarnmantel. Alles was zählt, sind dein Buch und du darunter, die ganze Umwelt wird ausgeblendet. Und nach einigen Jahren merkst du, dass all die Mäntel, die du schon getragen hast, alle Bücher, die du gelesen hast, etwas hinterlassen haben. Sie haben sich wie eine hauchzarte Schicht auf dich gelegt und ein bisschen dazu beitragen, wer du heute bist und wie du heute denkst.
Ich möchte durch Bibliotheken laufen, durch kleine chaotische Buchläden stöbern, selbst ein Zimmer voller Bücher besitzen, die Regale so überfüllt, dass sich die Bücher schon auf dem Boden stapeln.
Ich möchte wie die Bücherdiebin in der Bibliothek der Bürger-meisterin mit meinen Fingerspitzen über unzählige Buchrücken streichen und voller Glück dabei sein. Ich möchte noch 1 000 Bücher in meinem Leben lesen. Ich möchte meinen Kindern irgendwann vorlesen, ihnen ein paar Jahre später zuhören, wenn sie versuchen, die Wörter aneinander zu reihen, und dabei sorgsam mit den Fingern über sie streichen. Bis dann in 70 Jahren meine Augen vielleicht so schlecht geworden sind, dass meine Enkel mir vorlesen. Ich möchte selber Bücher schreiben, die richtigen Worte finden – in dem Wissen, dass es keine falschen gibt. Ich möchte Bücher lesen, deren Enden nicht bedeutungslos sind, sondern einen Abschied bedeuten.
Wenn eine Geschichte mehr ist als Wörter in einem Buch und zu einem kurzweiligen Zweitleben wird, dann ist deren Ende definitiv ein Abschied. Ein Abschied davon, nicht alleine zu sein, von einem Leben, das vielleicht spannender ist als die Realität.
Was wäre eine Welt ohne Bücher? Wenn Worte keine Geschichten mehr erzählen würden? Wie viele Räume voller Bücher würden leer stehen? Wie viele Menschen würden ohne ihre Bücher leer sein? Wie viele niedrigere Stromrechnungen gäbe es, wenn das Nachtlicht nicht gebrannt hätte? Was wäre eine Welt ohne Bücher? Ein nicht halb so schöner Platz. Ich will keine Welt ohne Bücher.
Luca Schroter, Klasse 11, Hugo-Junkers-Gymnasium Mänchengladbach